Badetag für den Barbaren

Vom Frühlingswind sacht geschaukelte Rauten goldenen Sonnenlichts sprenkelten den dunklen Grasboden des Birkenwalds. Vögel füllten die frische, duftende Luft darüber mit fröhlichem Geschrei. In einem kleinen Teich unter einer überhängenden Klippe schipperten acht feiste Enten über glitzerndes Wasser.

Als der große, blonde Barbar dies sah, riss er die muskelschweren Arme hoch zum blauen Himmel und brüllte die Namen aller Götter, die ihm einfielen, hinauf zu den Baumkronen. Es waren etwa drei, und beim letzten war er sich schon nicht mehr sicher, ob es nicht vielleicht doch nur der Name einer Biersorte war.

Er hatte es geschafft!

 

Auf seinem langen Weg nach Ybris, der Hauptstadt des Großreiches Myr Mamon, war er schon ganz zu Anfang irgendwie von der Straße abgekommen und zehn elende Tage durch die Salzwiesen von Schilfmahr geirrt.

Er hatte sich über trügerische Pfade gekämpft, war durch dunkle Hohlwege gestolpert und hatte sich in wispernden Tristelfeldern die Kleidung zerrissen. Rechts und links seines Weges hatten immer wieder tückisch schillernde Tümpel voll grünen Morasts sachte schmatzend auf einen einzigen Fehltritt gewartet. Boshafte Seelenvögel hatten ihn mit ihren Rufen in die Irre geführt, und grässliche, fleischfressende Scheinsteine wollten ihn mehr als einmal mit dem Versprechen eines trockenen Schlafplatzes direkt in ihre Mägen locken. Es war eine härtere Prüfung für das Durchhaltevermögen des Barbaren gewesen, als in seinem Heimatdorf Täppenwinkel im Hochnorland den Schweinestall der Witwe Zicka auszumisten.

 

Doch all das hatte er jetzt überwunden.

Er hatte die Vorberge des Burgenlands erreicht, festen Boden unter den Füßen, und war weitgehend unverletzt – ja, bei Gruunz, er war dem Salzsumpf entkommen!

Erneutes barbarisches Freudengebrüll erschütterte die Birken und brachte die Bewohner des Waldes zu erschrockenem Schweigen.

Nachdem er sich fast heiser geschrien hatte, sog der Mann aus dem eisigen Hochnorland die milde Luft des Wäldchens tief in seinen breiten Brustkorb, um ein letztes Mal den Namen des Gottes Gruunz in den Himmel zu rufen und dann weiterzuwandern.

Er sog, und sein Gesicht verzerrte sich zu einer Maske der Abscheu.

Der Barbar rief den Namen seines Gottes, aber nicht im Triumph, sondern als atemlosen Fluch. Die Luft war ihm im wörtlichen Sinne im Hals stecken geblieben – wenn man sie überhaupt Luft nennen konnte: der aasige Gestank der Salzmarschen hing wie eine Rotte unsichtbarer Sumpfteufel noch in seiner Kleidung und den Stiefeln!

Der Barbar spuckte aus, wedelte mit den Armen und drehte sich mehrfach um sich selbst, doch es half nichts. In seiner Not begann er einen energischen Sprint zwischen die Birken, in der Hoffnung, den Gestank hinter sich zu lassen. Auch das stellte sich schnell als sinnlos heraus.

Da geriet er in Wut. Er riss das Schwert, das er Windmacher nannte, aus der Hülle auf seinem Rücken und hackte wild auf die Luft ein.

Das brachte ein wenig Erleichterung, löste aber sein Problem nicht.

 

Der Sprint und das wilde Luftgefecht hatten ihn so nahe an den kleinen Teich gebracht, dass er mit seinem linken Stiefel bereits im Nassen stand. Vom Leder löste sich der Sumpfschlamm und verdunkelte das zuvor klare Wasser.

Der Barbar starrte eine längere Zeit auf den Stiefel, bis er verstand, was er da sah. Das Prinzip des Badens war in seiner kalten Heimat, in der Wasser über weite Teile des Jahres nur in fester Form vorkam, zwar bekannt, aber unbeliebt. Doch der Barbar hatte bei mehreren Gelegenheiten junge Mädchen beobachtet, die sich auszogen und ins Wasser stiegen, um danach sauber und rosig glänzend wieder herauszukommen. Es wurde hell in seinem Gesicht. Die Lösung seines Problems war einfach: er musste nur in den Teich gehen!

Er rammte Windmacher in die weiche Erde am Ufer und watete dann langsam in den Teich. Seine Stiefel und Fußlappen sogen sich schnell voll und kühlten die müden Füße.

Die Enten gerieten durch seine Nähe in Aufregung, quakten, schlugen mit den Flügeln und fauchten. Als der Barbar darauf nicht reagierte, zogen sie sich beleidigt an das gegenüberliegende Ufer des Teiches zurück.

Der Barbar ging weiter, bis das Wasser gegen seine breite Brust schwappte und die Kälte ihm prickelnd in den Kopf stieg.

Ahhh, bei Gruunz, das war das Leben! Jetzt noch ein Bier, eine Haxe und ein Mädel auf dem Schoß, und alles wäre perfekt!

Ein faustgroßer Fisch schoss vor ihm aus den Fluten und traf ihn mitten in sein breites Grinsen.

Der Barbar machte überrascht "Ho!" und rieb sich die Lippen.

Wieder sprang ihm ein Fisch ins Gesicht und traf diesmal sein linkes Auge. Dem folgte ein Fisch auf die Nase, ein weiterer auf die Lippen, und noch einer, der nur seine Brust erreichte; bis ihn schließlich ein wahrer Hagel von Fischen unterschiedlicher Größe fast umwarf. Im Hintergrund schnatterten die Enten höhnisch.

Der Barbar hielt sich die Hände vor das Gesicht und fluchte. Er hatte Fisch noch nie gemocht, und jetzt wusste er auch, warum.

Der Fischsturm brach so plötzlich ab, wie er begonnen hatte. Dafür wurde der Wasserspiegel vor dem Barbaren unruhig. Schaumgefüllte Blasen stiegen auf und zerplatzten in kreisförmigen Wellen. Dann stieg darunter ein großer Schatten der Oberfläche entgegen.

Die rechte Hand des Barbaren fuhr zum Griff seines Dolches Schinkenschneider. Mit zusammengekniffenen Augen fixierte er den dunklen Umriss. Diesen Fisch würde er jetzt fangen, grillen und essen, selbst wenn er sich danach übergeben musste. Das hier war persönlich, bei Gruunz!

Das Geschrei der Enten wurde unangenehm schrill, die dicklichen Wasservögel gebärdeten sich wie die Priester des Wallachi während des neuntägigen Fests der Selbstentmannung. Dann flogen sie alle auf einmal auf und verschwanden im Himmelblau.

Der Barbar schüttelte den Kopf. Quakendes Pack!

Er konzentrierte sich auf den Schatten im Wasser, den Dolch in der Faust.

Etwas durchbrach die Wasseroberfläche. Aber es war kein Fisch. Zuerst sah es wie eine kleine Insel aus, überwuchert von feinem, hellgrünem Gras.

Doch dann weiteten sich die blauen Augen des Barbaren vor Überraschung. Die kurzen Haare in seinem breiten Nacken, unbestechliche Fühler des Übernatürlichen, richteten sich auf wie die Stacheln eines verängstigten Igels.

Denn unter dem Grasbüschel hob sich die blasse Wölbung einer Stirn mit den moosgrünen Bögen geschwungener Brauen, und darunter leuchteten zwei hellgrüne Dinge, die immer mehr wie Augen aussahen, je höher sie stiegen. Zwischen ihnen lag eine lange, schlanke Nase, und unter der wölbten sich volle Lippen, deren einziger Makel war, dass sie die Farbe von Flussalgen hatten. Die Lippen teilten sich und zeigten bleiche, spitze Zähne.

"Verschwinde auf der Stelle aus meinem Teich!" zischte eine Stimme zwischen diesen Zähnen hervor. Sie klang wie das Schlagen von Wellen an einen Kiesstrand bei beginnendem Sturm. "Wasch dich woanders, du Sumpfaas!"

Dem Barbaren sank der breite Unterkiefer herab.

Ein Mädel! Hier im Wasser!

"Ho, Mädel, bist du auch hier?" entfuhr es ihm unwillkürlich, wie immer, wenn er eine Frau attraktiv fand.

Unterhalb des Gesichts erschien ein langer, schmaler Hals, der links und rechts tiefe Kerben hatte, wie frische Schnitte von einem Messer. Die Kerben pulsierten langsam.

Der Barbar grunzte und runzelte die Stirn. Das war aber ein seltsames Mädel!

Dennoch wartete er gespannt, wie es unter den weißen, grüngefleckten – solche Sommersprossen hatte er noch nie gesehen! – Schultern weitergehen würde, die jetzt auftauchten, denn diese Teile eines Mädels mochte er besonders.

Doch der Mann aus dem Norden wurde enttäuscht. Die weitere Anatomie des Oberkörpers blieb vom Wasser verhüllt, das seine frühere Klarheit durch den Dreck des Barbaren mittlerweile völlig verloren hatte.

"Die Fische waren eine Warnung!" fauchte das Mädel und verzog drohend das Gesicht. "Hier ist kein Ort für Menschen. Verschwinde, bevor es zu spät ist!"

Der Barbar grinste. Mädels, die ihm drohten, fand er besonders attraktiv. Und dass sie nicht herauskommen wollte, war auch kein Problem. Wenn das Mädel nicht zu ihm kam, dann musste er zum Mädel gehen. Das war das simple Gesetz der Liebe. Er trat einen Schritt vor.

Ein harter, kalter Strahl klatschte ihm ins Gesicht. Er hustete und zwinkerte, für einen Augenblick fassungslos: Das Mädel hatte ihn angespuckt!

"Ho, Mädel, du machst mich ja nass!" rief er dann lachend. Bei Gruunz, das versprach, eine aufregende Sache zu werden!

"Bei Dagon, kapierst du es nicht, du Klotz?" Die hellgrünen Augen schossen einen fühlbaren Blitz auf den Barbaren ab. "Ich will dich warnen! Du bist nicht der erste Trottel, der sich hier waschen will, und nicht der erste, der…"

"Er wird bestimmt nicht der letzte sein, kleine Schwester! Und sein Fleisch wird Fischfutter werden, nicht dein Vergnügen!"

Eine Wassersäule schoss hinter dem Mädel in die Höhe. Sie war so breit wie der Barbar an seiner breitesten Stelle, und ragte bald so hoch, dass sie wie ein umgekehrter Wasserfall bis hinauf zur Klippe reichte. Die Konturen eines rohen, zornverzerrten Gesichts tanzten wie ein Phantom aus Gischt auf der Säulenspitze.

Das Mädel drehte sich um. "Ich bitte dich, Bruder, lass' wenigstens diesen davonkommen! Mein Teich ist schon voller Knochen, ich weiß kaum noch, wo ich schlafen soll! "

Es stellte sich mit erhobenen Armen schützend vor den Barbaren. Der vergaß die Wassersäule für einen Moment beim Anblick von zwei Brüsten, die genau die Größe und Form hatten, die er als Barbar von einem richtigen Mädel erwartete. Ihn störte auch nicht, dass die Brustwarzen blaugrün waren. In seiner Heimat, dem eisigen Norland, waren die Lippen und Brustwarzen der Mädels manchmal sogar blau – zumindest nach dem Baden.

Die brodelnde Stimme der Wassersäule riss den Barbaren aus seiner Träumerei.

"Du verteidigst ihn?" Das nasse Gesicht schäumte vor Wut. "Hast du vergessen, dass Menschen wie er mich gestaut haben, uns beide abgeschnitten haben von unserer Quelle, unserer Mutter?" Zwei massive Wasserarme wuchsen aus der gischtigen Masse und hoben sich drohend. "Und warum? Um ihre blöden Kühe zu tränken und ihre albernen Mühlen zu treiben, ja, um ihre räudigen Wänste zu waschen, so wie dieser hier!"

"Zurück ans Ufer!" zischte das Mädel dem Barbaren zu. "Du schaffst es, wenn du rennst!"

Aber der Norländer wollte gar nicht rennen. Verträumt studierte er die Formen vor sich, und seine Erinnerung eilte zurück in die Zeit seiner Kindheit, als er die geliebte Skjörga im halbgefrorenen Mogelsee beobachtet hatte.

Mitten in die Sentimentalität hinein traf ihn ein nasser Hieb und warf ihn um. Sein Kopf geriet unter Wasser. Fischige Brühe schluckend, schlug er um sich.

Als er auftauchte, wurde er vom donnernden Gebrüll haushoher Brandung empfangen, und kaum hatte er Luft geholt, wurde er wieder überspült und mit dem Gesicht in den weichen Schlamm des Teichbodens gedrückt.

Das war eindeutig kein Spaß mehr. Er ruderte mit kreisenden Armen nach hinten, zum Ufer, fummelte mit wilden Fingern nach Windmacher und zog die Klinge aus uraltem, vielfach gefaltetem Stahl aus der weichen Erde. Dann stieß er sich kraftvoll ab.

Mit der Waffe in beiden Fäusten sprang er auf die Wassersäule zu und prügelte blindlings auf sie ein. Harte, eiskalte Güsse trafen ihn und rissen ihn von den Füßen. Wieder war er unter Wasser. Er brüllte gurgelnd und kam wieder hoch, nur um gleich wieder untergetaucht zu werden. So ging es eine lange Zeit. Jedes Mal, wenn er unterging, sprang er wieder hoch und hackte weiter brüllend auf die wütenden Fluten ein.

"Richtig, Menschlein, hüpf und spring!", verhöhnte ihn der Wassermann in den kurzen Momenten, in denen er Luft holte. "Wie ein Fisch auf dem Trockenen!"

Ein weiterer Wasserschwall traf den Barbaren wie der Fausthieb eines Giganten und drosch ihn aus dem Teich. Mit voller Wucht schlug er gegen den Stamm einer Birke, und für ein paar Augenblicke verlor sich die Welt in roten Schleiern.

Dann erkannte er, dass er sich auf trockenem Boden befand. Obwohl er Blut schmeckte, weil er sich auf die Zunge gebissen hatte, stand er grinsend auf. Mit einer äußerst komplizierten Bewegung, die nur wenige Schwertschwinger verwenden, weil sie ineffektiv ist, riss er seine schwere Klinge schräg über den Kopf.

Die gewaltige Wassersäule hob sich nur eine Armlänge entfernt vor ihm aus dem Ufer des Teiches. Das schäumende Gesicht grinste hämisch.

"Weißt du, was das Beste an deinem Tod sein wird?" sprudelte der Wassermann. "Dass du auf trockenem Land ertrinken wirst!"

Ein gezielter Strahl traf den linken Arm des Barbaren, so dass er beinahe das Schwert hätte fallen lassen. Hastig wich er hinter die Birke zurück. Die Wassersäule zuckte, erschüttert von dröhnendem Gelächter.

Ja, lauf nur, Mensch! Weit hinaus in den Wald! Und dann sieh mich und verzweifele!

Die höhnische Stimme war jetzt in seinem Kopf.

Die Augen des Barbaren wurden weit, als der Wassermann tatsächlich an Land ging. Er wurde zu einem wirbelnden Kegel, zu einer Windhose aus weißschäumender Gischt, durch einen schenkeldicken Tentakel aus klarem Wasser noch immer mit dem Teich verbunden.

Der Barbar grunzte fassungslos. Wie bekämpfte man so was?

Dann fasste er sein Schwert fester. Bei Gruunz, bei Regen stellte man sich unter! Er würde einfach in den Wald gehen, und dort würde sich schon etwas ergeben.

Er begann zu laufen.

Rauschend und gurgelnd folgte ihm die Wassersäule. Höher als die Birken, zerfetzte sie Blätter und zerbrach Äste, wo immer sie sie streifte.

Der Barbar rannte.

Dann traf ein Wasserstrahl seine Beine, umschlang sie wie eine Peitschenschnur und riss ihn zu Boden. Er rollte zur Seite und trat zu. Aber er traf nichts, nichts als Wasser, und der mächtige Tritt, der einen Troll gefällt hätte, konnte genauso wenig ausrichten wie zuvor das Schwert. Das Wasser schlug über ihm zusammen und prügelte ihn durch wie eine Horde Bauern einen entlarvten Quacksalber. Es gelang ihm nicht einmal, aufzustehen.

Verzweifelt hackte er mit Windmacher nach einer nahen Birke. Beim dritten Schlag verkantete sich der Stahl im weichen Holz. Ohne Rücksicht auf Verletzungen fasste der Barbar das Schwert an der Klinge und zog sich zum Baum, bis er den Stamm packen konnte.

Die nasse Rinde war glitschig wie ein toter Fisch, dennoch gelang es dem Nordmann, sich mit blutigen Händen Stück für Stück daran hochzuziehen, während eisiges Wasser unbarmherzig auf ihn einprasselte. Seine Muskeln schmerzten, als wären sie aus glühendem Eisen, und sein Kopf dröhnte. Aber langsam, ganz langsam kam er auf die Beine. Und dann stand er.

Sein verbissenes Gesicht wurde zu einer grimmig grinsenden Grimasse.

"Ho, Wasser, du kannst mich mal!", brüllte er trotzig.

Keine zwei Schritte vor ihm pulsierte die Wassersäule und sperrte die übrige Welt aus.

"He, Schwester!", spottete der Wassermann dröhnend. "Der hier hätte dir wirklich Spaß gemacht! Der steht immer noch!"

Und dann traf ein gigantischer Brecher den Nordmann mit der Kraft einer Springflut. Er wurde wie ein Korken hochgeschleudert und durch die Baumkrone nach oben gedroschen. Die Äste der Birke peitschten sein Gesicht und gruben blutige Runen in seine Haut. Verzweifelt versuchte er sich festzuhalten, aber die nassen Zweige entglitten seinem Griff wie Aale. Dann durchbrach er das Blätterdach, wurde noch höher getragen, und in einem kurzen, traumgleichen Augenblick sah er über sich den blauen Himmel, an dem die Sonne und die beiden Monde gleichzeitig standen, und unter sich das hellgrüne Meer der Birkenwipfel. Dann hatte er den Scheitelpunkt seines Fluges überschritten und stürzte wieder – hinunter in das weit aufgerissene Maul des Wassermannes. Wie ein Maelstrom schoss es ihm entgegen, und er wurde eingesogen in diesen schlürfenden Schlund schäumenden Wassers.

Der Nordmann sank und spürte, wie die Welt vor seinen Augen trüb wurde. Ein enormer Druck lastete auf seinem Körper, es schien, als wäre er schon Meilen tief gesunken. Alle Empfindungen wurden ihm aus dem Leib gepresst, es gab nur noch den Schmerz und das Wasser. Das Wasser, das eisig wie der Kuss der Fylgia gegen seine Lippen drückte, begierig, einzudringen und die Flamme seines Lebens auszulöschen.

Wo ein anderer Mann sich aufgegeben hätte, wurde der Barbar plötzlich enorm wütend. So konnte man mit einem Sohn der Berge und des Eises nicht umgehen! Er konnte nicht besonders gut schwimmen, aber wie bei seinen anderen fehlenden Talenten machte er das mit ungeheurer Kraft wett. Er begann, mit den Armen und Beinen zu rudern und um sich zu schlagen.

Da drängte sich noch einmal die Stimme des Wassermanns in seinen Kopf.

Du zappelst immer noch? Das gefällt mir. Damit dein Ende noch bitterer wird, lasse ich dich noch ein letztes Mal atmen, lasse dich noch einmal den Gesang der Vögel hören und den Duft des Waldes riechen!

Und wieder wurde der Barbar wie ein Ball hochgeschleudert, hoch in den Himmel. Schluchzend sog er Luft in seine Lungen, und in seinem Kopf explodierte ein helles Licht. Dann fühlte er sich wieder fallen, sah unter sich den triumphierend aufgerissenen Schlund.

Mit grimmigem Gesicht blickte der Barbar dem Tod entgegen. Doch dann passierte etwas Unerwartetes. Dunkle, schnatternde Dinge stießen von oben auf ihn herab und trafen ihn mit schmerzhafter Wucht. Federn stoben auf, und der Nordmann erkannte völlig verwirrt, dass er von einem Schwarm aufgebrachter Enten attackiert wurde. Nach wenigen Augenblicken ließen sie wieder von ihm ab und flogen quakend davon.

Der Aufprall der dicken Wasservögel hatte seine Sturzrichtung verändert – er fiel jetzt nicht mehr direkt auf den Wassermann zu, sondern krachte wieder einmal durch den Wipfel einer Birke. Äste brachen um ihn und bremsten seinen Fall, doch viel zu schnell wirbelte der Waldboden wie ein dunkles Verhängnis heran.

Er schlug mit der Wucht eines Schleudersteins auf. Sein halb betäubtes Hirn wollte den Körper sofort wieder aufspringen lassen, doch die Muskeln versagten ihm den Dienst. Wie ein Sack voll Walnüsse blieb der Barbar auf dem Waldboden liegen.

Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass etwas nass gegen seine rechte Schultern plätscherte, als verrichte dort ein kleiner Hund sein Geschäft. Mit Mühe drehte er den Kopf nach rechts.

Er sah ein schmales Rinnsal, das vom Teich bis zu seiner rechten Schulter lief, dort kraftlos anbrandete und versickerte.

Dann blickte er nach links, und fand eine große Pfütze, in der ein kleines, gischtiges Gesicht trieb.

"Ich beschwöre dich, Mensch, steh auf!", gurgelte es mit dünner Stimme. "Du willst meine Schwester? Steh auf und nimm sie dir! Ich beschaffe dir zehn wie sie, und zehn mehr, die besser sind als sie! Nur steh auf und lass mich in den Teich zurück!"

Der Barbar blinzelte verwirrt. War das der Wassermann? Wo war die baumhohe Säule, die ihn eben noch verschlingen wollte?

Hätte er noch die Kraft besessen, sich am Kopf zu kratzen, hätte er es getan. So aber blieb er einfach auf dem Rücken liegen und starrte hinauf in die vom Frühlingswind sacht geschaukelte Blätter der zerzausten Birke über sich.

Und langsam dämmerte es ihm: durch eine Fügung des Schicksals – oder den Angriff der Enten – war er genau auf dem Band aus Wasser gelandet, dass den Wassermann mit dem Teich verband. Sein Aufschlag hatte es durchtrennt, und die Wassersäule war ohne die Verbindung wohl einfach zusammengebrochen, versickert.

Er erlaubte sich ein mattes Grinsen, als er hörte, wie das Blubbern des Wassermanns immer leiser und unverständlicher wurde, um dann gänzlich zu verstummen.

Der Nordmann blieb noch eine Zeitlang liegen, bis ihm das Gefühl des schweren, nassen Leders auf der Haut so zuwider wurde, dass er sich ohne Rücksicht auf die schmerzenden Knochen langsam und vorsichtig aufrichtete. Schmerzen waren gut, sie bedeuteten, dass man noch am Leben war. Als er endlich auf den Beinen stand, musste er sich für eine Weile an einem Birkenstamm festhalten, da die Welt so sehr schwankte.

Er blickte an sich herab – seine Haut und seine Kleidung waren beide in einem Zustand, dass sie ein Lumpensammler nicht einmal als Geschenk genommen hätte. Aber was davon übrig war, war geradezu erschreckend sauber. Er grunzte – er hatte nicht gewusst, dass die Hose, die er vor langer Zeit von irgendeiner unbeaufsichtigten Wäscheleine mitgenommen hatte, in Wirklichkeit blau war.

Schließlich schwankte er zurück zum Teichufer. Auf dem Weg dahin entdeckte er Windmacher im Stamm einer Birke und zerrte das Schwert mit Mühe aus dem weichen Holz.

Jetzt musste er nur noch Schinkenschneider finden. Am Ufer lagen ein paar Fische herum und grüne Büschel von Seegras, dazwischen eine tote Ente. Das Mädel, das die ganze Sache angefangen hatte, war nirgendwo zu sehen. Der Dolch natürlich auch nicht. Aber Wasser gab es immer noch reichlich.

Angewidert spuckte er aus.

Gruunz sollte ihn auf der Stelle erschlagen, wenn er jemals wieder ein Bad nahm!