Wie Barn der Barbar einen Dämonen überlistete

Mit einem Schädel, schwer und schmerzend wie das Schwert eines Scharfrichters, erwachte Barn in einer dunklen Ecke des 'Ziellosen Zechers', einer übel beleumdeten Taverne im dunkelsten Teil des Vergnügungsviertels von Krawalle, der 'Stadt Der Vierzehn Verfeindeten Fürsten'.

Er erwachte zwischen Speiseresten, Rattendreck und der zweifelhaften Gesellschaft einiger früh aufgestandener Meuchler, Diebe und Huren, die in der Taverne ihr Nachmittagsfrühstück hinunterkippten. Doch seit der blonde Norländer am Vorabend zusammen mit ein paar 'Freunden' ein halbes Dutzend Krüge schweren Rotweins geleert hatte, kümmerte ihn, den die Menschen hier im Süden recht abschätzig einen 'Barbaren' nannten, seine Umwelt herzlich wenig.

Denn obwohl er ein wahrer Riese an Gestalt war, fast sieben Füße groß - womit er die meisten Männer überragte - war ihm, dem Sohn eines Schmiedes aus dem Dorf Täppenwinkel im eisigen Hochnorland, das Getränk 'Wein' noch wenig vertraut. Er, der nur das bittere barbarische Dünnbier gewohnt war, hatte den süßen roten Saft geschluckt wie ein durstiges Kamel Wasser.

Und das war ihm schlecht bekommen.

Der weitere Verlauf des Abends hatte ihn sowohl seines Bewusstseins als auch seines Geldbeutels beraubt. Nur sein Schwert 'Windmacher' und die abgetragene Kleidung waren ihm geblieben, und das sagte einiges über den Zustand dieser Gegenstände, denn in Krawalle wurde selbst der Müll gestohlen, wenn er noch halbwegs brauchbar aussah.

Von seinem Unglück wusste Barn im Moment freilich noch nichts, da er großen Spaß hatte, mit den trägen Lidern die bunten Kreise vor seinen Augen zu jagen.

 

Irgendwann einmal - es war schon recht spät am Nachmittag - schleppten ihm dann die schwachen Sinne die Wahrnehmung eines ungewöhnlich geformten hellen Fleckens herbei. Grunzend bemühte sich der Barbar, die tanzenden Schleier zwischen seinen Augen und dem Flecken zu verscheuchen. Davon wurde ihm ein wenig übel.

Schließlich erkannte er den Fleck als ein Gesicht, genauer gesagt, als das Gesicht einer jungen Frau umrahmt von schmerzhaft grellem, rotem Haar. Zu dem Gesicht gehörten irgendwo weiter unten auch Hände, die ihn rhythmisch auf die Wangen schlugen - wahrscheinlich die Ursache für das böse Dröhnen, dass er seit gewisser Zeit empfand.

"He, Barn", schrie die rothaarige Frau. "Du fauler Sack, wach' auf! Bei Vaxina, Barbar, keinen Abend darf man dich aus den Augen lassen!"

Langsam sickerten Wahrnehmungen durch weingetrübte Sinnesorgane in den Kopf des Barbaren, bis ihm klar wurde, dass ihm die rothaarige Frau ziemlich gut gefiel.

Mit dem Instinkt des auf den derben Tanzböden des Nordlandes gründlich aufgeklärten Schwerenöters hob er die Hände, um sich der Realität einiger Konturen zu vergewissern.

Damit erhielt er neben einem angenehm massiven Gefühl in seinen großen Händen allerdings auch ein paar schmerzhafte Schläge auf die Ohren.

"Lass' deine dreckigen Pfoten von mir und steh' auf! Es wartet Arbeit auf dich!" gellte es durch seinen angeschlagenen Schädel.

Barn blinzelte. 'Arbeit' war ein Wort, das er äußerst ungern hörte - soweit er sich an sich erinnern konnte. Gerne hätte er sich wieder schlafend gestellt. Er tat es aber nicht - instinktiv ahnte er, dass das Schlagen und Nörgeln nicht eher nachlassen würde, bis er aufgestanden war und einen vernünftigen Eindruck gemacht hatte. Wie er das allerdings anstellen sollte, war ihm im Augenblick völlig unklar.

"Mädel, ich... ich werde gleich aufstehen", brummte er rau und erschrak ein wenig vor dem dünnen Klang seiner sonst tiefen und weit hallenden Stimme.

"Das will ich hoffen... und nimm endlich die Hände weg"

Barn sammelte seine Sinne und Luft in seinen gewaltigen Lungen, um mit Schwung aufzuspringen.

Einen Augenblick später lag er wieder auf den schmutzigen Dielenbrettern der Taverne, umgeben von einem bunt funkelnden Reigen von Kreisen und Sternen.

 

So lernte Barn der Barbar, dass es unangenehme Folgen haben konnte, wenn man mit barbarischem Schwung aufsprang und dabei die zwölf Zoll dicke Eichenholzplatte eines soliden, am Boden festgenagelten Wirtshaustisches über dem Kopf hatte.

Eine gewisse Zeit später gelang es dem Norländer dann doch noch, gestützt von der attraktiven, aber etwas ungehaltenen rothaarigen Frau unter dem Tisch hervor zu kommen.

Grunzend und blinzelnd tastete er sich seinen Weg durch das dunkle Gewirr der Tische, warf Becher um, fegte Näpfe mit dem speziellen 'Eintopf' des Hauses zu Boden und trat den Gästen auf die Füße.

Kommentare gab es dazu allerdings keine, denn der Barbar war, wie bereits erwähnt, ein Barbar, fast sieben Fuß groß und von sehr athletischem Körperbau. Außerdem trug er ein Schwert bei sich, das mit seiner Länge von über vier Füßen so manchen Anwesenden an Größe übertraf.

Gehässiges Gemurmel setzte erst ein, als er nach dem vierten Anlauf die Wirtschaft durch die - zugegeben recht niedrige - Tür verlassen hatte.

 

Draußen im geschäftigen Gewühl der Kanalstraße wurde dem angeschlagenen Nordmann plötzlich sehr flau im Inneren. Die warmen Strahlen der sinkenden südlichen Sonne bohrten sich ihm boshaft in die Augen, und der Ansturm von Millionen von Gerüchen und Geräuschen brachte seinen geschwächten Kreislauf ordentlich durcheinander. Er übergab sich in die Gosse und musste dafür eine neue Predigt der schönen Frau an seiner Seite erdulden. Allerdings sagte ihm sein Instinkt, dass es eine sehr schlechte Sache wäre, jetzt danach zu fragen.

"Oh ihr Götter, kannst Du dich nicht einmal benehmen wie ein Mensch? Ich muss mich ja schämen, mit Dir auf die Straße zu gehen. Los, mach' dich sauber, Girek der Kaufmann wartet nicht!"

Barn war viel zu sehr damit beschäftigt, die Aufruhr in seinem Körper unter Kontrolle zu behalten, um viel auf die Worte zu achten, denn sonst hätte selbst er nun aufgehorcht: das taten alle, wann immer der Name Gireks fiel, denn er hatte einen besonderen Ruf in Krawalle, der 'Stadt Der Vierzehn Verfeindeten Fürsten'.

Gireks galt als einer der reichsten Männer der Stadt, es ging die Sage, er habe ein Königreich an Gold als junger Reisender in den geheimnisumwitterten Dschungeln des fernen Südostens gefunden. Und weil er recht zurückgezogen lebte, behauptete das Volk, das von seinen Reichen Pomp, Verschwendung und öffentliche Orgien erwartete, er habe dort in einer versunkenen Tempelstadt nicht nur einen Schatz entdeckt, sondern auch seine Seele gelassen.

Mit unheilvollem Beiwerk versehen - leichenfressende Dämonen stünden mit ihm im Bunde, raunten die einen, er opfere junge Mädchen in entsetzlichen Ritualen, schände ihre Leichname und trinke ihr kaltes Blut, wisperten wieder andere; eine dritte Partei traute ihm auch alles zusammen zu, denn Dämonen beständen im allgemeinen auf Menschenopfern, wie sie zu bedenken gaben; und wenn man schon so weit ging, war auch Bluttrinken ein passender Vorgang - den ganzen klassischen Unterstellungen also, war Gireks Name ein sicheres Mittel, jedes unartige Kind sofort mit der Androhung seines Besuchs ins Bett zu bekommen.

Da der Kaufmann gegen diesen Ruf nichts unternahm - was das Misstrauen der Bevölkerung noch steigerte - galt er allgemein als ein recht ungesunder Umgang. Und das wollte schon etwas heißen in der verderbten 'Stadt Der Vierzehn Verfeindeten Fürsten', deren gut genährte Polizeitruppe schon lange nur noch zu Paraden ausrückte.

 

Die rothaarige Frau zerrte den Barbaren die Kanalstraße hinab, dann über den Platz des Henkers und die Diebsgasse bis in das feine Viertel auf dem Weinberg. Dort klopfte sie an eine kleine Tür in der Mauer um ein drei Stockwerke hoch ragendes Herrenhaus.

Nach einer Weile öffnete die Tür sich mit einem bedeutungsvollen Knarren, und ein rosiges Gesicht, das nur zu einer Haushälterin gehören konnte, spähte hinaus in den Spätnachmittag.

"Was gibt's - ach, Du bist's, Kind, und deinen starken Freund hast gleich mit'bracht. Fein, fein."

Barn wurde in einen dunklen Raum geschoben, und er blinzelte verwirrt in die plötzliche Finsternis, diese Schwärze voller bunter Kreise. Wie war er denn hier hergekommen?

Dann begann die Dunkelheit dem Barbaren zu gefallen: Nach der groben Gewalt der grellen Sonne schien dies ein Ort zum Verweilen. Er ließ seine Lider sinken und wollte sich hinlegen.

Doch die rothaarige Frau fühlte nicht mit dem angeschlagenen Nordmann und schob ihn durch eine weitere Tür. Dahinter lagen viele verwinkelte Gänge, in denen sich Barn oft den Kopf anstieß.

 

Schließlich erreichte er einen Raum, der angefüllt war mit gleißendem Licht und viel zu lauten Geräuschen. Menschen schienen hier zu sein, viele raunende, schwatzende Menschen, aber der Barbar war nicht in der Lage, in dem grell tobenden Farbengewitter um sich noch Einzelheiten zu erkennen. Über die letzten Minuten hinweg  war es ihm ständig schlechter gegangen, und nun dröhnte sein Schädel wie eine geschlagene Trommel.

Er ließ sich zu Boden sinken. Er ahnte wohl, dass er dadurch eine heftige Reaktion der rothaarigen Frau hervorrufen würde, aber es ging nicht anders. Auch ein in den eisigen Winden der nördlichen Tundren gehärteter Krieger musste von Zeit zu Zeit rasten. Und diese besondere Zeit war nun gekommen.

Barn barg seinen Kopf im Käfig der Arme, um ihn nicht an die Decke zu stoßen: Schien es doch, als sei dieser Kopf in der letzten Zeit schmerzhaft gewachsen.

Die rothaarige Frau neben ihm war mit diesem Verhalten nicht einverstanden, aber ihre Kommentare blieben fern, am anderen Ende eines langen Tunnels, ohne Einfluss. Barn konnte einfach die Augenlider zwischen sich und sie senken.

 

Doch dann war da die Stimme eines Mannes, die es auf abscheuliche Weise verstand, sich tief in seinen Kopf zu bohren:

"Ihr seid also Barn, der mächtige Krieger... mir scheint, Ihr habt gerade einen Kampf gegen ein paar Krüge billigen Weins verloren", die Stimme lachte selbstgefällig, "aber das soll uns nicht stören. Meine Angestellten wissen einige wohl wirkende Rezepturen gegen solche schmerzhaften Niederlagen... "

Wieder das tiefe Lachen. "Ihr habt doch sicherlich nichts dagegen, wenn sie Euch wieder zu erwecken versuchen, bevor wir uns weiter unterhalten, Barn?"

Barn grunzte ergeben. Die Stimme richtete in seinem Schädel schlimmeres an als eine Söldnerbande in einem Bauerndorf, und er wollte ihr gerne jeden Gefallen tun, wenn sie dann nur schwiege.

Bald fühlte er sich emporgehoben und fortgetragen. Die schwankende Fortbewegungsart gefiel seinen Sinnen überhaupt nicht. Nach einiger Empörung in verschiedenen Zentren seines mächtigen Leibes verließen sie ihn.

 

*

 

Barn erwachte in warmem Wasser, und sein Kopf war angenehm klar. Jemand knetete seinen Nacken.

Er öffnete die Augen. Und blinzelte. Ein interessante Anblick bot sich dar: Mit ihm zusammen in einem großen Holzzuber waren nicht nur warmes Wasser und Mengen von Seifenschaum, sondern da waren auch nackte Mädels von wohlverteilter, feuchtglänzender Üppigkeit, die ihn lächelnd wuschen und massierten.

 

Keins davon war sein Mädel, das mit den roten Haaren, aber die hier waren fast ebenso gut. Seine eingespielten barbarischen Reflexe wussten ohnehin, was zu tun war.

 

*

 

Kichernde Mädels führten den völlig wiederhergestellten Barbarenkrieger in einen großen Saal, dessen Boden von dicken, überlappenden Schichten fein gewebter Teppiche bedeckt war, und dessen Wände geschmückt waren mit bunten Seidentüchern und Holzschnitzereien. Dazwischen berichteten große Partien bemalten Fensterglases vom phantasievollen Liebesleben der Götter.

"Ah, Barn, da seid Ihr ja wieder, und erholt, wie ich sehe. Gut. Ihr könnt gehen, Mädchen!" sprach eine tiefe, wohlklingende Männerstimme.

Die Mädel zogen sich - sehr zum Bedauern des Barbaren, der gerne noch einige Zeit mit ihnen verbracht hätte - schnell zurück, und Barn stand allein neben einer eingetopften Palme.

"Kommt näher, Barn." rief die tiefe Stimme, und der Nordmann entdeckte vor sich einen breitschultrigen, hageren Mann mit grauem Bart, der in einem Gebirge aus Lederkissen hockte und die dünnen Lippen zu einem feinen Lächeln verzogen hatte. Neben diesem Mann saß mit übereinandergeschlagenen Beinen ein Mädel mit prachtvollen roten Locken.

Barn erkannte es und grunzte: Das war sein Mädel. Trotz der strengen Miene, die es aufgesetzt hatte, versprach der von einem luftigen Fransenhemd anregend enthüllte Körper Mengen an Vergnügen. Der Barbar steuerte darauf zu und ließ sich schwer in die Polster neben dem Mädel niedersinken.

"Bei allen Göttern... selbst wenn wir allein wären", war allerdings alles, was der Nordmann - außer einem kräftigen Schlag auf die Hände - dem verheißungsvollen Körper entlocken konnte.

 

"Seid gegrüßt, barbarischer Barn! Nun, ich sehe schon, Eure Freundin hat nicht gelogen - Ihr scheint ein schnell zupackender Bursche zu sein, hoho", kalauerte die tiefe Stimme neben ihm.

Jetzt hatte Barn den Kerl erkannt: es war der alte, graubärtige Knabe mit der Stimme, die vorhin so schmerzhaft in seinem Kopf gedröhnt hatte. Er musterte den Graubart mit der Strenge eines Mannes, der bereits im Knabenalter auf den eisigen Gipfeln der Berge des Nordlandes den Winterwinden getrotzt hatte.

Der Alte blickte ebenso unerschrocken zurück.

Nach einer gewissen Zeit des wortlosen Starrens unterbrach er allerdings das Schweigen.

"Entschuldigt, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe, aber ich war der Ansicht, dass Ihr vorhin, als wir uns hier zum ersten Mal sahen, sagen wir, hm, hoho, Schwierigkeiten gehabt haben würdet, irgendetwas bei Euch zu behalten, geschweige denn meinen Namen. Ich bin Girek Heckefund, genannt Girek der Kaufmann."

Der Mann streckte dem Barbaren die Rechte entgegen. Der Barbar öffnete daraufhin erwartungsvoll seine Hände. Ein paar Nüsse waren ihm jetzt sehr recht - er war hungrig. Doch er fand die Hand des Kaufmanns leer und grunzte enttäuscht.

Der Kaufmann schien für einen Moment verwirrt, fand dann aber langsam zu einem unverbindlich strahlenden Lächeln zurück. Er hob die missachtete Rechte und verwendete sie in einer weitschweifigen Geste.

"Ja, Barn, man - Eure reizende Begleiterin - sagte mir schon, dass ihr aus dem wilden Norland zu uns kommt und Euch, hoho, viele der ursprünglichen Gebräuche Eures rauen Volkes erhalten habt. Ich schätze das. Die  Beständigkeit des Volkes ist es, die uns Kaufleute ernährt. Aber ich schweife ab. Eure Begleiterin hat vielleicht schon erwähnt, dass ich einen einfachen, aber starken Mann für eine gefährliche Aufgabe suche?"

Barn nickte und studierte seine Fingernägel. Er hatte zwar nicht so genau verstanden, was der Alte wollte, aber die Anrede 'starker Mann' gefiel ihm. Außerdem faszinierten ihn seine Nägel - sie waren völlig sauber. Der Tag war voller Überraschungen.

Nach einer kurzen Pause begann der Mann wieder zu sprechen. Sein Lächeln war jetzt tief und herzlich.

"Nun, bei alledem, was ihr über euch preisgegeben habt, scheint es, als wärt Ihr tatsächlich genau der Mann, den ich für mein Vorhaben gesucht habe... wärt Ihr bereit, für die Summe von, sagen wir, zehn Goldstücken, eine kleine Reise mit mir zu unternehmen?"

"Oh ja, Herr Girek!" antwortete das Mädel neben Barn schnell. Barn grinste, warf einen tiefen Blick zwischen die Hemdfransen des Mädels und nickte anerkennend.

Die tiefe Stimme des Alten klang befriedigt: "Nun, Barbar, dann ruht Euch aus - ich habe ein Mahl und eine Kammer für Euch und Eure reizende Begleiterin herrichten lassen, ho-ho. Morgen früh, zur dritten Wache, werden wir aufbrechen!"

 

*

 

Die Nacht war für den großen Barbaren aus dem wilden Norden eine angenehme Zeit gewesen – ihm und seinem Mädel war es gelungen, die meisten ihrer gemeinsamen Vorstellungen über angenehme Zeiten zu verwirklichen, und so musste eine entsetzte junge Dienerin im Morgengrauen ihrem reisefertigen Herrn von einem zusammengebrochenen Bett in einer verwüsteten Kammer berichten. Sie weigerte sie sich, die beiden in den Trümmern schnarchenden Menschen zu wecken und ertrug lieber die fünf Peitschenhiebe, die ihr dieser Ungehorsam einbrachte.

Schließlich gelang es einigen kräftigen und abgestumpften Stallknechten, den Barbaren und sein Mädel aus den Resten der Schlafstätte zu holen und vor den Kaufmann zu bringen.

 

Der grinsende Nordmann und seine sanft lächelnde Begleiterin wurden zu einem eiligen Frühstück in die Küche geschickt, wo er einen gewaltigen Wirbel unter dem weiblichen Personal auslöste und sie daraufhin einen schweren Tonkrug auf seinem Schädel zerschmetterte, was den ungeheuren Appetit der beiden jedoch nicht im mindesten beeinträchtigte.

Nach dem Frühstück wurde Barn in die Waffenkammer des Kaufmanns geführt, damit er sich für die bevorstehende Reise ausstatten konnte. Der Barbar zerrte mit kindlicher Begeisterung glänzende Waffen und Rüstungen aus Regalen und von Gestellen, bis er sich für einen besonders grell glänzenden Brustpanzer aus falschem Silber  entschied, in dessen Brustplatte ein auf anschauliche Weise der Überfall einer Horde Berserker auf einen ländlichen Tempel der Liebesgöttin Vaxina eingraviert war.

Einer der Waffenknechte wurde danach depressiv und begann zu trinken, was zu seiner Entlassung führte; sein sozialer Absturz wurde erst in einer eisigen Novembernacht vom Grund eines Wassergrabens aufgehalten. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, und sie soll diese hier nicht weiter stören.

Unter weit weniger spektakulären Umständen erhielt auch die rothaarige Frau Reisekleidung, die ihren wohl gebauten Körper sowohl betonte als auch schützte.

 

Nachdem letzte Probleme, die mit der Tragkraft gewöhnlicher Pferde und den über zweihundertfünfzig Pfund Körpergewicht des Barbaren zusammenhingen, gelöst waren, brach die Karawane Gireks des Kaufmanns, bestehend aus zehn Mägden, fünf Dienern, sieben Söldnern, fünfhundert Pfund Gepäck, dreißig Pferden sowie Barn dem Barbaren und seiner Begleiterin und nicht zuletzt aus Girek selbst, am Morgen des 'Tags Der Suhlenden Sau' im sechsten Mond des Jahres der errötenden Jungfrau, vor Sonnenaufgang aus Krawalle, der 'Stadt Der Vierzig Verfeindeten Fürsten' in Richtung auf die östlichen Berge und die dahinterliegende Wüste der Tränen auf.

 

Die untrüglichen, in der rauen Wildnis des Nordlandes geschärften Sinne verrieten Barn bald, dass der 'Tag Der Suhlenden Sau' dieses Jahr ein schwüler Tag war, denn unter der schönen neuen Rüstung rannen Bäche von Schweiß seine breite Brust hinunter zwischen seine Schenkel und juckten ihn dort.

Über den fernen Gipfeln des Gebirges vor ihm hatten die Donnergötter gewaltige, dunkle Wolken angehäuft, durch die zornige Lichtkeile schossen.

 

Fünf Stunden war die Karawane nun schon unterwegs, und dem Barbaren wurde langweilig. Selbst das Studium der deftigen Szenen auf seinem neuen Brustpanzer hatte den Reiz verloren.

Ein Versuch, Abwechslung zu schaffen, hatte dazu geführt, dass sich sein Mädel nun hartnäckig neben dem verfluchten graubärtigen Kaufmann hielt. Die zunächst noch kichernden Mägde waren ebenfalls zu ihrem Herren geflohen, nachdem der Barbar zweien von ihnen scherzhaft die Tuniken vom Leib gerissen hatte.

Also zog Barn schließlich frustriert und verärgert sein Schwert, um sich eine Weile mit wildem Herumfuchteln zu beschäftigen.

Doch das Pferd, auf dem er saß, die grundgutmütige Kaltblutstute Rosine, sonst mit der geruhsamen Aufgabe der Bierbeutel-Beförderung befasst, hatte für das wilde Treiben auf ihrem Rücken überhaupt kein Verständnis. Der Barbar, der Pferde noch nie hatte leiden können, fand all seine Vorurteile bestätigt - und sich selbst auf dem steinigen Boden der Karawanenstraße wieder.

Der Fall fiel nicht gleich auf, da der Nordmann das Schlusslicht der Karawane gebildet hatte. Erst als Rosine reiterlos und wild wiehernd an der Spitze des Zuges vorbei galoppierte, bemerkte man den fluchenden und schwertschwingenden Barbaren, der in einer Staubwolke hinter den Reitern her rannte.

Die sieben Söldner des Kaufmanns scherten aus dem Pulk der Diener und Packtiere aus und folgten der armen Rosine.

Nach fünf Minuten wilder und staubiger Jagd gelang es ihnen, das Pferd wieder einzufangen und davon zu überzeugen, dass der Barbar es nicht wirklich böse gemeint hatte.

Barn bestieg die zitternde Stute brummend und ließ sich weit hinter das Ende der Karawane zurückfallen. Das Kichern der Mägde hallte in seinen Ohren. Sein neuer Brustpanzer hatte eine hässliche Beule bekommen, das glänzende Metall war stumpf vom Staub.

Der Barbar fühlte sich elend.

Es half ihm auch nicht, dass sich nach einer Weile sein Mädel zu ihm gesellte und ihn ermutigend anlächelte, denn es hatte wegen der drückenden Hitze Hemd und Rock ausgezogen und um den Sattelknauf gewickelt. Und darunter trug es nichts außer sich selbst.

Zu jeder anderen Zeit hätte der Barbar nicht gezögert, dieses offenbare Angebot zu nutzen, aber sein Hinterteil schmerzte vom Sturz, in seinem Kopf krächzte ein scharfschnäbliger Papagei, und die restlichen Körperteile waren ebenfalls irgendwie verwirrt.

Und so geschah das Unglaubliche: Barn murmelte einen leisen Fluch und senkte den Kopf, um nicht länger dem Anblick der gebräunten, von Schweiß glänzenden Brüste ausgesetzt zu sein, die im Rhythmus des Rittes neben ihm wippten.

Mürrisch und müde hielt er sich am Karawanenende, bis kühleres Blau am Horizont den nahen Abend verkündete.

Als alles anhielt, ließ der Barbar sich ebenfalls vom Pferd fallen und trottete missmutig auf das Feuer zu, das die Mägde bereits entzündet hatten.

 

*

 

"Nun, mein barbarischer Freund, will ich Euch in die Hintergründe Eures Auftrages einweihen - soweit es mir nötig und sinnvoll scheint."

Girek hatte den Barbaren, der mürrisch am Feuer hockte und halbrohe Stücke Fleisches von einem Holzspieß abkaute - es lag noch nicht lange zurück, dass er den Gebrauch eines zugespitzten Stabes erlernt hatte, und ein gewisses Misstrauen gegenüber der Kunst des Grillens hatte sich ihm erhalten – am Arm genommen und beiseite geführt. "Folgt mir in mein Zelt."

Barn warf den Fleischspieß brummend ins Feuer und folgte dem grauhaarigen Mann.

 

Die Karawane hatte, als die Sonne müde vom Sengen des Tages hinter dem Horizont versank, in der Nähe des 'Brunnens Der Trägen Männer', dreißig Meilen entfernt von Krawalle, ein Lager aufgeschlagen.

Der Barbar hatte beim Anblick der großen, weichen Matte, die die Diener Gireks für ihn und sein Mädel in ein Zelt trugen, wieder einige Hoffnungen auf einen angenehmen Abend genährt.

Sie wurden allerdings mit einem Schlag zunichte gemacht, als das Mädel sofort hinter der Matte in das Zelt schlüpfte, erklärte, dass es müde sei und den Eingang vor den Augen des verdutzten Nordmannes sorgfältig von innen verschnürte.

Übel gelaunt hatte er sich daraufhin ans Feuer gesetzt und einer vorbeihuschenden Küchenmagd einen Fleischspieß aus der Hand gerissen. Die hübsche Magd hatte sich auf keine Diskussion mit dem Barbaren eingelassen - sie war nach dem ganztägigen Ritt müde und hatte außerdem bereits am Vortag das erschöpfende Vergnügen gehabt, dem Nordmann beim Baden Gesellschaft zu leisten - und so fand sich Barn einsam und unverstanden an einem fremden Ort.

 

Das Zelt des Kaufmanns war groß und reich verziert mit Stickereien und allerlei Goldgefunkel. Wegen der immer noch drückenden Hitze hatte Girek seinen Tisch vor dem Eingang aufstellen lassen, auf dem nun kandierte Trockenfrüchte, gebratenes Fleisch und Krüge voll dunklen Weins standen. Er forderte Barn auf, sich zu setzen und bot ihm einen Becher Wein an. Der Barbar schnüffelte daran, erkannte den Inhalt und stürzte ihn sofort dankbar hinunter.

Das flackernde Lagerfeuer verlieh dem eigentlich angenehmen Gesicht des alten Kaufmanns dämonische Züge, was Barn zwar nicht auffiel, was aber wichtig ist für die Stimmung der Geschichte.

"Es geht darum, dass Ihr etwas für mich holen sollt", begann der Kaufmann nach einer kurzen Zeit des Schweigens. "Einen Gegenstand, der in einem... einem unterirdischen Gemach verborgen ist. Dieser Gegenstand wird bewacht, und die Bewachung ist von einer Art, dass nur Ihr aufgrund Eurer, ah, besonderen Fähigkeiten in das Gemach eindringen und den Gegenstand entwenden könnt. Das ist eigentlich alles."

Barn blinzelte. Der Mann gefiel ihm, wenn er von 'besonderen Fähigkeiten' redete, und er entschloss sich zu einem bekräftigenden Nicken. Dann schielte er hoffnungsvoll zu dem Weinkrug, der vor Girek stand.

Der bemerkte den Blick lächelnd und forderte den Barbaren mit einer Handbewegung auf, sich zu bedienen.

Der Nordmann nahm den Krug. Ohne Vermittlung eines Bechers führte er ihn zum Mund und trank. Und trank. Und trank. Es war eine ziemlich lautstarke Angelegenheit.

Der Kaufmann räusperte sich.

"Ihr versteht also, dass mir Eure Gesundheit und Einsatzfähigkeit ausgesprochen am Herzen liegen. Ich möchte Euch daher bitten, sorgfältig auf Euch acht zu geben und solche Eskapaden wie heute Mittag in Zukunft tunlichst zu unterlassen", fuhr Girek schließlich fort. "Wollt Ihr mir dies versprechen?"

Der Barbar setzte den Weinkrug kurz ab und nickte. Ein warmes Gefühl stieg ihm vom Magen in den Kopf, er war bereit, alles Mögliche zu versprechen.

"Nun denn, so lasst Euch gesagt sein, dass es Euch an leiblichem Wohl nicht mangeln soll. Gerade befahl ich zweien meiner Mägde, wiederum ein Bad für Euch herzurichten. Ihr habt doch nichts dar wider?"

Barn war nicht klar, was der Kaufmann von ihm wollte, aber das Wort 'Bad' hatte einen angenehmen Beiklang. Er nickte ein drittes Mal.

 

Es war spät geworden, und Barn wankte mit einem Krug Wein in der Rechten entschlossen auf das letzte Zelt des Lagers zu. In allen anderen war er schon gewesen, aber keines davon hatte sein Mädel enthalten, obwohl die anderen auch nicht schlecht gewesen waren.

Ein heller halber Mond beleuchtete die Steppe, gestattete eine gewisse Sicht und verhütete damit schlimmere Verletzungen.

Als der Barbar vor dem verschnürten Eingang ankam, war sein Weinkrug leer, und er schleuderte ihn mit einer energischen Geste von sich, die ihn geradewegs über eine Zeltschnur stolpern ließ. Der dadurch entstehende barbarische Schwung trug ihn in einem Inferno reißenden Leders durch die dünne Zeltwand. Er landete auf etwas  Weichem und Quiekendem. Wild tastete er um sich, dann grinste er: Es war sein Mädel.

 

Der nächste Morgen hatte etwas Unangenehmes für den Barbaren: die Karawane brach so zeitig auf - noch vor Sonnenaufgang - dass er sich nicht ausgeschlafen fühlte. Aber es half nichts, die quengelnde Stimme des Mädels, unterstützt vom sonoren Klang des Kaufmanns, erwies sich als unerbittlich.

Müde und zerschlagen schleppte sich der Krieger aus dem bereits im Abbau befindlichen Zelt und erklomm nach einigen Schwierigkeiten die geduldige Stute Rosine.

Der neue Tag begann, wie der vorige aufgehört hatte: schwül und unangenehm, und das schon am frühen Morgen.

Der Sonnenaufgang war für Barn eine schmerzliche Erfahrung. Auch die folgenden Stunden voll klebriger Hitze besserten seinen Zustand nicht. Sein Mädel ritt schweigend neben ihm her, nackt und von Schweiß verführerisch glänzend, aber in dem Nordmann war im Moment jegliches Interesse an Mädels erloschen.

 

Erst gegen Abend erhob sich ein kühler Wind, der den Reisenden erfrischend ins Gesicht blies. Wolkenfetzen lösten sich von den Kuppen der Berge und zogen über den Himmel.

Rosine witterte nahenden Regen und verfiel in eine schnellere Gangart, die dem Barbaren einige Probleme bereitete.

Schließlich hatte sich der Osten vor ihnen völlig verfinstert, von Ferne grollte der Donner, und das rötliche Licht der untergehenden Sonne beleuchtete dramatisch die herantreibenden Wolkenbäuche.

Girek befahl den Halt. Die Zelte wurden im beginnenden Regen aufgebaut, und als eben der Himmel seine Schleusen vollends öffnete, taumelte Barn auf sein Lager und schlief sofort ein.

Sein Mädel drängte sich eng an ihn und lauschte ängstlich dem Zorn der Götter.

 

Der Tag nach dem Gewitter war klar, aber ein stetiger Wind, der die kalte Luft des näherkommenden Gebirges mit sich brachte, ließ alle in der Karawane frösteln.

Pelze und lederne Jacken wurden ausgepackt.

Barn, der nach vielen vergeblichen Versuchen endlich einsah, dass das pelzgefütterte Wams, das Girek ihm geschenkt hatte, nicht über seinen neuen Panzer passte und ihn brummend abgelegt hatte, fühlte sich gut und äußerte dies in einem gewaltigen Gebrüll. Der Wind roch nach Eis und Schnee, Gerüche, die ihn an seine Heimat im hohen Norden erinnerten.

Sein Wohlbehagen wurde allerdings erheblich gemindert, als er feststellte, dass die ganzen Mädels nun auch dicke Jacken und Röcke trugen, die alle einladenden Reize unkenntlich machten.

Er schüttelte den Kopf und verfluchte leise den kalten Wind.

 

*

 

Abends erreichte die Karawane den Fuß des westlichsten Ausläufers der Ostberge, und ein letztes Lager in der Ebene wurde aufgeschlagen. Der Barbar nahm wieder ein Bad, und der folgende Aufruhr in seinem Zelt ließ die Reisegesellschaft lange nicht schlafen.

 

*

 

Der steile Pfad, der in die Berge hinaufführte, verlangsamte die Karawane erheblich. Besonders Barn musste des Öfteren absteigen und die erschöpfte Rosine am Zügel führen.

Der jetzt schneidend kalte Wind heulte unheimlich durch die engen Schluchten, die die Reiter passieren mussten, und manchem wurde unheimlich zumute. Nicht ohne Grund, denn in der ‘Stadt Der Vierzig Verfeindeten Fürsten' und unter den Hirten der großen Ebene kursierte so manche Geschichte von seelentrinkenden Dämonen und noch weit übleren Wesen, die nachts in den einsamen Pässen ihr Unwesen trieben.

Die Stimmung war bedrückt, aber es geschah tagsüber nichts, was die Erzählungen gerechtfertigt hätte.

 

Man kampierte an einer windgeschützten Stelle kurz unter dem Pass, und obwohl Girek wiederholt versicherte, dass überhaupt keine Gefahr bestand, ließ er doppelte Wachen aufstellen.

Der Barbar, müde von dem anstrengenden Tag, aber um nichts in seinem Tatendrang gemindert, verbrachte einen interessanten Abend im Küchenzelt, da ihn sein Mädel ausgesperrt hatte.

Er lag ausgestreckt und bereit, einzuschlafen zwischen zwei warmen, runden Körpern, als ihn ein ungewöhnliches Geräusch aufhorchen ließ: ein Jammern, das rhythmisch anschwoll und verebbte, drängte sich durch das stetige Heulen des Windes.

Lange Zeit lag er da und versuchte, die Laute zu ignorieren, brummte sogar ein Lied und hielt sich die Ohren zu, doch irgendwann wurde es ihm zu viel. Mit der Geschmeidigkeit eines Panthers erhob er sich vom Lager und trat vor den Zelteingang.

Im Freien traf ihn das unheimliche Gejammer mit voller Wucht. Es schien von allen Seiten zugleich in den schmalen Talkessel zu dringen. Barn hörte das verängstigte Stampfen und Schnauben der Pferde.

Er sammelte Luft in seinen gewaltigen Lungen und brüllte mit aller Macht:

"Ruuu-he, bei Gruunz!!!"

Die Berghänge erzitterten unter seinem mächtigen Ruf. Das Jammern verstummte abrupt, und Barn ging zufrieden zurück in das Zelt und legte sich schlafen. Für den Rest der Nacht herrschte Schweigen.

 

Weitere zwei Tage brachten die Karawane glücklich und unversehrt über die Berge. Stets waren die Nächte erfüllte gewesen von klagenden Lauten, und stets hatte das mächtige Organ des gereizten Barbaren ihre namenlosen Verursacher verstummen lassen.

In der Mitte des sechsten Tages der Reise traten die schroffen Felsen beiseite und gaben den Blick frei auf eine endlose Fläche glühenden Sandes: die Wüste der Tränen.

Die Reisenden tauschten ihre warme Kleidung gegen weiße Gewänder, die den ganzen Körper bedeckten und ihn so gegen die erbarmungslose Sonne schützen sollten.

 

Der zusammengebackene Sand bereitete der Karawane zunächst Schwierigkeiten, doch bald gewöhnten sich die Pferde an den ungewohnten Grund. Selbst Rosine, die bei jedem Schritt doppelt so tief einsank wie die anderen Tiere, kämpfte sich tapfer hindurch.

 

Der Ritt durch die Wüste war ein trostloser. Die Landschaft wurde vom endlosen, monotonen Auf und Ab der Dünen bestimmt, und die vereinzelten, vom Sand glatt geschliffenen weißen Steine, deren merkwürdige Gestalt der Wüste ihren Namen gegeben hatte, bedeuteten keine Erholung für das Auge.

Die Sonnenglut, die von dem hellen Sand reflektiert wurde, blendete die Reisenden, und der feine Staub der Wüste fand seinen Eingang in jedes auch noch so fest verschlossene Gefäß. Das Essen knirschte zwischen den Zähnen, und auch das Wasser hatte bald einen staubigen Geschmack.

Selbst des Barbaren sonst unermüdlicher Trieb erlahmte in dieser menschenfeindlichen Umwelt, und er verbrachte die kalten Nächte meist ohne großen Lärm zusammen mit seinem Mädel.

 

Der achte Tag führte die Reisegesellschaft in eine Oase. Es gab viel Lärm und Flüche, als der Barbar in der beginnenden Dämmerung in ein Frauenzelt dort lagernder Nomaden einzudringen suchte, doch der Zunge und dem Silber des Kaufmanns gelangen es, den Streit ohne Blutvergießen beizulegen.

 

Als Girek der Kaufmann am frühen Morgen des nächsten Tages vor sein Zelt trat, stellte er überrascht fest, dass das Lager der Wüstennomaden auf der anderen Seite des kleinen Wasserlochs verschwunden war.

Voller Befürchtungen eilte er durch den schicksalhaft knirschenden Sand zum Zelt des Barbaren, das grotesk schief hing, als wäre es gewaltsam eingerissen worden.

Er hielt den Atem an und schlug die zerfetzte Zeltbahn über dem Eingang zurück. Wenn der Mann aus dem Norden tot oder verschwunden war, hätte das das Ende seiner Pläne bedeutet.

Seine Erleichterung war groß, als er Barn, eine Hand zwischen den Beinen seiner Begleiterin, friedlich schnarchend und weit ausgestreckt auf dem Boden des Zeltes schlafen sah.

Es war gut, dass niemand das Lächeln auf dem Gesicht des Kaufmanns sah, als er zurück zu seinem Zelt ging. Nicht nur kleine Kinder hätten davon Alpträume bekommen.

 

Eines Abends - es war der zwölfte Tag der Reise - trat  Girek zu dem Barbaren, der gerade mit einem Küchenmädchen handgreiflich scherzte, und führte ihn in sein Zelt.

"Wisset, oh barbarischer Freund, dass morgen der Tag sein wird, an dem wir den Ort unserer Bestimmung erreichen. Ich wünsche daher, dass Ihr gut erholt und bei Kräften seid. Deswegen werdet Ihr die heutige Nacht in meinem Zelt verbringen", informierte er den Barbaren.

Barn, der eine aufregende Nacht und eine Menge Weins erhoffte, nickte eifrig und schleppte die Matte, die ihm und seinem Mädel als Nachtunterlage diente, in das Zelt des Kaufmanns.

 

Mürrisch musste der Barbar nach einiger Zeit einsehen, dass es ganz und gar nicht in der Absicht des Alten gelegen hatte, ihn diese Nacht zu unterhalten. Vielmehr versuchte Girek, ihm ein albernes Spiel mit weißen und schwarzen Holzklötzchen beizubringen, die über ein gemustertes Brett in unverständlichen, von der genauen Gestalt jedes einzelnen Klötzchens abhängigen Mustern geführt werden mussten.

Nachdem Barn sich seiner Meinung nach genug Mühe gegeben hatte, die Hölzer über das Brett zu schieben, fegte er mit einer knappen Handbewegung seine Klötzchen beiseite und erklärte mit einem Grunzen seine Absicht, nun schlafen zu gehen.

Girek lächelte zufrieden.

 

*

 

Bizarre rote Felsen prägten die Landschaft, durch die die Karawane am nächsten Morgen zog. In dunklen Höhlungen und Klüften heulte und ächzte der Wind, wie er es selbst auf der Passhöhe der Ostberge nicht getan hatte. Das Beunruhigende an diesen Windgeräuschen war, dass niemand den Wind spüren konnte, der sie verursachte.

Die zunächst nur vereinzelten Felstrümmer schlossen sich gegen Mittag zu einem zusammenhängenden Klippenzug, dessen Ausläufer auf beiden Seiten in der Sonnenglut verschwammen. Eine schmale, düstere Schlucht lag vor der Karawane. Aus diesem Schlund drang das unheimliche Ächzen mit einer fast körperlichen Wucht.

Girek hieß alle Reiter absitzen.

Er nestelte an dem umfangreichen Rückenpack eines Lastpferdes und förderte eine merkwürdig geformte Flasche zutage. Mit ihr in der Hand ging er die Reihe der Wartenden entlang.

"Hier, befeuchtet Euer Gesichtstuch damit. Es wird Euch schützen", meinte er, als er schließlich neben Barn stand.

Der Barbar griff nach der Flasche, löste den Stopfen und schnupperte misstrauisch an der Öffnung.

Er verzog angewidert das Gesicht.

Niemand konnte erwarten, dass er dieses stinkende Zeug trank!

Mit einem entrüsteten Grunzen gab er dem Kaufmann Flasche und Korken zurück.

"Ich bestehe darauf, mein barbarischer Freund! Es schützt Euer wertvolles Leben!"

 Girek schwenkte ungeduldig die Flasche.

Der Barbar verschränkte die Arme vor der mächtigen Brust und blickte trotzig auf einen Punkt im Nirgendwo. Auch alberne Schmeicheleien würden ihn nicht dazu bringen, sich vergiften zu lassen!

"Barbar, wenn Ihr nicht tut, was ich sage, werdet Ihr nie wieder ein Bad nehmen können!"

Hastig griff Barn nach der Flasche, setzte sie an die Lippen und tat, als ob er tränke. In Wirklichkeit ließ er die Flüssigkeit heimlich in seinen Gesichtsschutz laufen. Sicher hatte der Alte nicht mit dieser List gerechnet!

Nachdem er, wie er meinte, seinen Teil getan hatte, gab er die Flasche wieder an Girek zurück.

Der Kaufmann nickte zufrieden und ging weiter.

 

Barn grinste in die vorgehaltene Hand und musste sich sehr beherrschen, nicht laut herauszuprusten. Ho, wie raffiniert er war! Er fühlte sich grandios.

 

Endlich zog die Karawane in den heulenden Schlund. Die Pferde mussten hintereinander gehen, so eng war die Passage. Girek hielt sich an der Spitze, gefolgt von zwei seiner Krieger. Dann kamen die Mägde, die Diener, zwei weitere Söldner und Barn mit seinem Mädel. Die drei restlichen Krieger bildeten das Ende des Zuges. Als der letzte Reiter den Eingang passiert hatte, schwoll das Heulen zu einem triumphierenden Gebrüll an. Die Pferde schnaubten und rollten die Augen, aber die senkrecht aufsteigenden Felswände nahmen ihnen die Möglichkeit, auszubrechen.

Nach einer Weile erweiterte sich die Schlucht zu einem elliptischen Kessel. Der Boden bestand hier aus tückischem, pfefferfeinem Staub, in dem die Pferde kaum vorankamen. Jeder Schritt ließ sie  tiefer sinken.

Jäh verstummte das Gebrüll zwischen den Felsen, und die Stille ließ die Reiter unwillkürlich anhalten. Die Luft spannte sich fühlbar, als wäre sie bereit zum Sprung auf die Opfer.

Girek winkte seinem Gefolge nervös zu, es solle weiterreiten. Niemand wagte ein Wort.

Dann wieherte ein Pferd schrill.

Der Sand begann zu zittern. Ringförmige Wellen aus Staub flossen träge übereinander. In ihrer Mitte bildeten sich wirbelnde Strudel. Sand sank, und aus dunklen Trichtern wuchsen groteske weiße Formen.

Die Nackenhaare des Barbaren stellten sich auf, als er sah, was sich dort wider alle Gesetze der Natur erhob: Grinsende Schädel, die leeren Augenhöhlen von unseligem Leben erfüllt. Knochenfinger tasteten sich durch den gleitenden Staub.

Barns Hand zuckte zum Griff seines Schwertes. Doch es gelang ihm nicht mehr, es zu ziehen: Rosine, wahnsinnig vor Angst, bäumte sich auf und schleuderte den Nordmann in die untoten Sandmassen.

Halb betäubt und mit ungläubig geweiteten Augen verfolgte Barn, was weiter geschah. Von den blanken Knochen erhob sich ein übler weißer Staub und hüllte die Reiter ein. Schreie wurden laut.

Als sich neben dem Barbaren eine fleischlose Hand aus dem  Sand bohrte, war es um die Fassung des großen Nordmannes endgültig geschehen. Brüllend fuhr er auf, riss Windmacher aus der Scheide und begann, mit dem Schwert wild in der Luft herumzufuchteln.

Eine weißliche Wolke trieb auf ihn zu und umschloss ihn. Blendender Staub legte sich auf seine Augen. Hunderte dürrer, eiskalter Totenfinger schienen an seiner Haut zu zerren, sie in Fetzen von ihm abziehen zu wollen.

Fluchend und schwertschwingend suchte der Barbar der tödlichen Bedeckung zu entkommen.

Etwas Dunkles ragte himmelhoch vor ihm auf. Mit einem mutigen 'Ho!' rannte er dagegen an.

Ein Schlag von ungeheurer Kraft ließ seine Welt in tausend schmerzhafte Splitter zerspringen.

 

*

 

Finger strichen über sein Gesicht. Der Barbar öffnete kurz die Augen und sah einen Schatten über sich. Sofort ließ er die Lider wieder herunter klappen.

Fieberhaft versuchte er zu überlegen, was er nun tun sollte. Wenn nur sein Schädel nicht so schmerzte! Schließlich kam dann doch der rettende Gedanke: Er würde sich einfach tot stellen!

Er kniff die Augen fest zusammen, und zur Bekräftigung begann er laut zu schnarchen.

"Den Göttern sei Dank! Er lebt!"

Die Stimme schien Barn angenehm bekannt. Aber man konnte nie wissen. Er blieb noch eine Weile ruhig liegen, dann ließ er seine Arme blitzartig nach oben und hinten schießen. Seine Hände packten etwas Schweres und Nachgiebiges.

"Oh ja, er lebt..." meinte eine andere, tiefe und wohltönende Stimme trocken.

Ein wenig beleidigt öffnete Barn die Augen.

"Ich bin tot, verdammt noch mal!" brummte er mürrisch.

Über sich sah der das Gesicht seines Mädels. Es war staubbedeckt, und dunkle Streifen liefen von den Augen über die Wangen. Aber das Mädel lächelte. Er sah auch seine Hände. Sie hielten gewisse Konturen unter dem Umhang des Mädels.

Das ließ ihn beschließen, nicht länger tot zu sein.

 

Nach einer Weile war die Karawane bereit, weiterzureiten. Wie durch ein Wunder hatten alle Tiere und Menschen den Angriff der Untoten überlebt.

Barn hatte die inzwischen wieder ruhige Rosine bestiegen und blickte ungläubig auf die Überreste des Tals um ihn.

Das hatte er alles allein vollbracht?

Er war mächtig stolz auf sich.

Girek hatte ihm erzählt, was passiert war: Sein Ansturm auf die Felswand hatte einen gewaltigen Steinschlag ausgelöst, der donnernd im Tal niedergegangen war.

Als sich der dabei entstandene Staub wieder gelegt hatte, war der Sand so ruhig und glatt, wie Sand nur sein konnte; die unheimlichen Untoten waren verschwunden.

Den völlig verschrammten Barbaren hatte man schließlich unter einem Steinhaufen gefunden, und angesichts seines blassen, blutverklebten Gesichts war das rothaarige Mädel in lautes Klagen verfallen, denn es liebte den rüpelhaften Gefährten trotz all seiner Fehler sehr.

 

*

 

Die Wände des schmalen Tales wichen bald auf beiden Seiten zurück und entließen die Karawane wieder in steiniges Wüstenland.

Die Sonne war bereits im Sinken begriffen und tauchte die Dünenkämme in blutiges Licht, als sich das Gelände langsam hob und vereinzelte Anhäufungen von offenbar behauenen Steinen hier und da aus dem Sand ragten. Die letzten Strahlen zeigten die fernen Umrisse von Gebäuden am östlichen Horizont.

Bei diesem Anblick befahl der Kaufmann den sofortigen Halt.

 

"Vor uns liegt der Ort, den wir suchen. Wir hätten ihn viel früher erreichen sollen, aber die Ereignisse in der Schlucht haben uns aufgehalten. Ihn jetzt, in der Dunkelheit, zu betreten, würde Schlimmeres als den ohnehin sicheren Tod bedeuten. Wir lagern hier", erläuterte Girek dem Barbaren mit gedämpfter Stimme die Situation, "Ihr müsst also eine weitere Nacht in meinem Zelt ausharren. Und seid leise - hier in der Gegend könnte es, hm, Dinge geben, deren Aufmerksamkeit nicht von Vorteil wäre."

Barn grunzte missmutig und dachte an die dummen Holzklötzchen, die der Alte sicher wieder hervorholen würde, aber als ihm der Kaufmann versprach, dass er nach erfolgreich durchgeführtem Auftrag schon bald so oft und so intensiv mit den Mägden baden dürfe, wie er wolle, fügte er sich drein.

 

*

 

Die Kälte der Nacht lag noch über der Wüste, als Girek den unwillig grunzenden Barbaren weckte. Wenig später brachen er und Barn nach einem hastigen Frühstück allein zu den fernen Gebäuden am Horizont auf.

Das Mädel, ebenfalls früh wach, hatte Barn heftig verabschiedet, aber der lästige Graubart hatte die ganze Zeit dabeigestanden und zum Aufbruch gedrängt, so dass der Nordmann mit all den Anregungen wenig beginnen konnte. Seine Laune war entsprechend düster.

Als die Sonne stieg, wurde es schnell unangenehm warm, und Barn begann sich nach einem kühlen Schluck zu sehnen. Vielleicht gab es ja in der Stadt vor ihnen eine Taverne - mit üppigen Schankmädels?

 

Doch im Näherkommen sah er seine Hoffnungen getäuscht: Eine niedrige, zerfallene Mauer umgürtete ein weites Gebiet trostloser Ruinen, die in der erbarmungslosen Sonne buken.

Also keine Taverne.

Tatsächlich wirkten die Trümmer nicht einmal so, als hätten sie einmal eine Stadt für Menschen gebildet. Sie waren... nun, irgendwie beunruhigend.

Die Sonnenglut erzeugte seltsame Spiegelungen über den entfernteren Ruinen. Immer wieder mussten die beiden Pferde gewaltigen geborstenen Platten und länglichen, blank geschliffenen Dingen ausweichen, die vielleicht einmal Statuen gewesen waren.

Einige der Gebäude waren höher und besser erhalten und zeigten Reste von Reliefs. Wenn in einem geschützten Winkel ein Bild deutlicher geblieben war, zeugte das Dargestellte von abstoßender Nekrophilie. Und es fiel auf, dass nirgendwo Fenster zu finden waren.

Barn grunzte. Dieser Ort gefiel ihm nicht.

 

Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, hielt der Kaufmann vor einem großen, leicht erhaben liegenden Gebäude an. Überraschenderweise hatten die scharfen Zähne von Sand und Zeit hier kaum gewirkt. Die Bildwerke auf den Mauern ließen es an entsetzlicher Deutlichkeit in nichts fehlen.

"Hier ist es - unter diesem... Haus befindet sich das Gemach, das ich erwähnt hatte, erinnert Ihr Euch?" Girek deutete auf die bleichen Steine.

Barn nickte. Er erinnerte sich zwar an nichts, aber vielleicht konnten sie schneller fort von diesem grausigen Ort, wenn er so tat, als ob.

Der Kaufmann bedeutete Barn, abzusitzen, schwang sich selbst vom Pferd und zeigte dem Barbaren eine große Steinplatte, die mit einem unnennbaren Alptraumwesen verziert war, das die verdrehten Reste menschlicher Gestalten in verschiedene Körperöffnungen einführte.

"Diesen Stein hier müsst Ihr beiseiteschieben - nein, jetzt doch noch nicht! Zuerst möchte ich Euch noch zeigen, wie der Gegenstand aussieht, den Ihr hier herausholen sollt."

Barn nickte erneut. Er begriff zwar nicht, wie der Alte ihm etwas zeigen wollte, dass er noch gar nicht hatte, doch Nicken war wichtig.

Der Kaufmann holte ein zerschlissenes Stück Leder hervor und faltete es vorsichtig auseinander.

"Hier ist eine Zeichnung. Prägt sie Euch ein, so gut es geht", meinte Girek mit dem sachten Unterton der Hoffnungslosigkeit.

Barn warf einen kurzen Blick auf das Bild. Es zeigte irgendein dummes Ding, das entfernt so aussah wie die Holzstückchen, die der Alte immer auf seinem Brett herum schob. Noch ein Nicken für den Graubart.

"Seid Ihr sicher, dass Ihr es erkennt? Es ist sehr wichtig!" Die Stimme des Kaufmanns klang nun fast flehend. Barn sammelte Speichel in seinem trocknenden Mund und spie den zähen Brocken aus, zum Zeichen, dass er die Sache bereits als erledigt ansah.

"Nun, dann wünsche ich Euch viel Glück. Ich kann Euch leider nicht weiter folgen - nur Ihr allein könnt dort hinein... "

 

Der Barbar hörte dem Geschwätz schon nicht mehr zu. Er packte den großen Stein mit beiden Händen und zog. Es gab ein unangenehmes Knirschen wie beim Brechen von Knochen, dann bewegte sich die Platte.

Barn gab ihr einen festen Stoß, und düster öffnete sich ein Spalt vor ihm, aus dem widerlicher Gestank quoll.

 Barn hustete. Nach einer Weile fand er den Geruch weniger unerträglich, beugte den Oberkörper und schritt entschlossen in das Loch. Finsternis umgab ihn.

 

*

 

Die Menschen waren über Ihm. Er hatte ihr Kommen seit einiger Zeit gespürt, aber er hatte nicht gedacht, dass sie tatsächlich zu Ihm wollten. Diese lächerlichen Kreaturen schienen nie aufzugeben. Lästiges Volk.

Andererseits - etwas Abwechslung konnte nicht schaden. Es wurde langsam verdammt langweilig hier drin.

Jemand rüttelte am Eingang. Ein kräftiger Bursche scheinbar - hat doch die Platte tatsächlich ganz allein beiseite geschafft!

Nun war er drinnen. Aber... er war so unklar. Und das war noch unzureichend ausgedrückt: Er konnte von diesem Kerl nichts wahrnehmen außer ein paar animalischen Funktionen. Und das war entschieden zu wenig. Eine Kakerlake hätte mehr Information vermittelt!

Er war fassungslos - so etwas war Ihm noch nie passiert.

Er setzte all seine Macht ein, bohrte und wühlte, doch er fand - nichts!

Der Mensch - falls es denn ein solcher war - polterte die Stufen herunter, etwas überstürzt, wie es schien. Sein optisches Bild zumindest war deutlich - ein großer, klobiger Kerl mit einem ziemlich schlecht geschmiedeten Schwert in der Hand.

Unter normalen Umständen hätte Er das alles äußerst amüsant gefunden, aber die Leere, die in diesem Kerl herrschte, irritierte und beleidigte Ihn. Kein Zauber durfte so stark sein, den Geist eines Menschen vor Ihm zu verbergen!

Dann dämmerte Ihm langsam die Wahrheit. Und die war eine Unverschämtheit nahezu kosmischen Ausmaßes: Der Kerl hatte überhaupt keinen Geist!

Wütend fuhr er aus der Gruft.

 

*

 

Der dunkle Raum hinter dem Stein stank nach dem Verfall von Tausenden von Jahren. Es war dumpf, staubig und heiß. Das Licht, das durch die Öffnung hinter dem Barbaren hereinfiel, deutete schwach die beunruhigenden Umrisse von Dingen längs der Wände an. Der Barbar meinte, eine Bewegung zu spüren, zog blitzschnell sein Schwert und hieb ins Dunkel.

Er hörte ein trockenes Rascheln, dann fiel etwas knarrend zu Boden. Barn fand nie heraus, was das gewesen war.

Es war ihm auch egal.

 

Langsam tastete er sich durch die Finsternis. Er hatte bereits fast vergessen, was er hier tun sollte, aber vielleicht war das hier ja ein Weinkeller, und dieser mächtige, schwarze Schatten vor ihm ein Fass, das auf ihn wartete?

Er machte einen entschlossenen Schritt nach vorn. Mehrere Dinge passierten gleichzeitig: ein Fuß trat ins Leere,  sein Schädel stieß mit einer steinernen Kante zusammen, und seine Gesamtheit wurde von einer aufsteigenden Übelkeit heimgesucht. Eine Weile ruderte der Barbar verzweifelt mit den Armen, bemüht um ein längst verlorenes Gleichgewicht, dann stürzte er kopfüber in einen bodenlosen Schlund.

 

Bereits nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass der Schlund alles andere als bodenlos war: Barns schon schwer geprüftes Haupt schlug heftig auf unnachgiebigen Stein, dann holterte und polterte er barbarüber eine lange und schmerzhafte Reihe von Stufen hinab.

 

*

 

Benommen lag er auf kaltem Boden. Staub kitzelte in seiner Nase, und Übelkeit wütete in seinem Magen und in seinem Kopf. Schließlich stand unter Mühen auf.

Ungesund wirkendes, grünliches Licht erhellte einen bizarr geformten Raum. Verzerrte Schatten tanzten über unbeschreibliche, vertrocknete Formen, die entlang der schiefen Wände standen oder hingen. Aus einer Öffnung in einer großen Steinplatte vor dem Nordmann schoss eine grüne Flamme, die wie ein lebendes Wesen zuckte.

Barns allzeit bereite Nackenhaare - eines Barbaren Wegweiser für das Wirken unnatürlicher Kräfte - stellten sich furchtsam auf.

Hinter der Platte mit der Flamme ragte ein mächtiger Steinklotz auf. Darauf funkelten einige Gegenstände, die um eine Schale voll mitternachtsschwarzer Flüssigkeit aufgestellt waren.

Das Glänzen zog den Barbaren an. Obwohl ihn mit jedem Schritt Wellen des Schwindels überschwemmten, tappte er tapfer vorwärts.

Plötzlich erfüllte hohl klingendes Rauschen den Raum. Wie fettiger Qualm quoll formlose schwarze Masse aus der Schüssel.

Barn hielt irritiert inne. War dies am Ende gar kein Weinkeller? Die schwarze Wolke wirbelte, zwirbelte und wand sich. Bildete Umrisse. Zwei blutig rote Punkte glommen in ihrer Tiefe auf.

Der Nordmann starrte fasziniert auf das Treiben vor ihm. So etwas hatte er noch nie gesehen! Er konnte sich nicht entschließen, ob er sich fürchten oder näher herangehen und das Ding untersuchen sollte.

Aus der Masse wuchsen zwei spitze Ohren. Eine flache Stirn, weit vorgestreckte Kiefer voll scharfer Zähne wurden erkennbar. Eine... eine Nase!

Schließlich war die Wandlung der Wolke beendet.

Barn stieß ein dröhnendes Gelächter der Erleichterung aus. In der dunklen Wolke hatte sich eine fette Miezekatze versteckt! Fett war sie, aber zweifellos eine Miezekatze.

Ungeschickt imitierte er ein Maunzen und drohte scherzhaft mit dem Finger.

Das Katzenvieh starrte ihn nur aus seinen glühend roten Augen unergründlich an.

Der Barbar umging die grüne Flamme und trat vor den Steinklotz. Die Katze folgte ihm mit den Augen.

"Ho, Katz!" machte Barn und stupste mit einem Finger nach dem schwarzen Fell. Der Finger drang einfach hindurch, wie durch Rauch. Der Barbar blickte irritiert auf seine Hand, die zur Hälfte in der Katze stak. Der Anblick gefiel ihm gar nicht, er zog den Arm hastig zurück.

Dabei stieß er einen der glänzenden Gegenstände vor der Schüssel um. Instinktiv griff er danach, steckte das Ding in seinen Beutel und vergaß die ganze Sache sofort.

Die Katze machte ein Geräusch, das man bei einem Menschen für ein fassungsloses Keuchen gehalten hätte. Barn hob den Kopf. "Ruhig, Miez!" rief er.

Das Tier öffnete die Kiefer, als schnappe es nach Luft, schloss sie, öffnete sie erneut. Eine unirdisch tiefe Stimme hallte aus dem zahnbewehrten Maul.

"Sterblicher! Du wagst es, unverschämt in das Grab Blendameths des Großen einzudringen und es zu schänden? Es soll Dein Tod sein!"

Barn blickte begeistert auf die Katze.

Eine Mieze, die sprechen konnte!

Sicherlich würde sich sein Mädel über so ein Geschenk freuen! Er griff nach dem Tier, und wieder konnten es seine Hände nicht fassen. Die Katze wand sich unbehaglich.

"Sag mal, Erdenwurm, fürchtest Du Dich denn überhaupt nicht? Ich bin ein mächtiger Dämon!" polterte sie laut.

Der Barbar dachte nach und beschloss, die Katze zu ignorieren. Wenn sie nicht mitkommen wollte, dann eben nicht. Außerdem begann er sich dunkel zu erinnern, dass er hier unten irgendetwas tun sollte, etwas, das mit dem Baden zusammenhing. Oder nicht?

Sein Blick fiel auf die Gegenstände rund um die Schüssel. Unerklärlicherweise stieg dabei ein Bild der dummen Holzklötzchen des Kaufmanns in ihm auf. Überhaupt, der Kaufmann! Hatte nicht der ihn hier herunter geschickt?

Er hob eines der glänzenden Dinge hoch. Die Katze fauchte. Das Ding war eine kleine Figur, sorgfältig aus einem hellen Metall gearbeitet. Sie stellte einen gerüsteten Krieger dar.

Barn stellte sie zurück. Sie gefiel ihm nicht sonderlich. Er griff nach einer anderen. Die war schon besser: Ein nacktes Mädel in einer interessanten Position. Er blickte sich noch weiter um, aber die anderen Figuren waren alle langweilig. War es nicht auch gut so? Das Mädel würde dem Kaufmann sicher viel Freude machen.

Der Barbar legte die Metallstatue sorgfältig in seinen Gürtelbeutel. Ein helles Klingen von Metall auf Metall ertönte. Das war merkwürdig. War der Beutel denn nicht leer gewesen? Die Katze kreischte. Barn spürte ein scheußliches Zerren im Kopf und vergaß den Beutel über den Schmerzen.

"Leg' die Figuren sofort wieder zurück und bereite Dich auf ein Schicksal unendlicher Qual vor!"

In Barns Kopf begann es zu dröhnen. Es war ihm, als würde dort alles drunter und drüber gewälzt, ein ungewöhnliches und beunruhigendes Gefühl.

"Verflucht, Sterblicher, wo hast Du Deinen Geist? Es ist  einfach nicht fair, einen kompletten Idioten wie Dich hierher zu schicken! Habt ihr Menschen denn keinen Respekt mehr vor den Unsterblichen? Ich werde mich bei Vulgar persönlich beschweren!"

Die Stimme dröhnte durch den Raum, brachte die Wände zum Erzittern und ließ Staub aus Fugen und Rissen rieseln. Der Barbar warf der fluchenden Katze einen letzten, missmutigen Blick zu - konnte sie nicht sehen, dass er Kopfschmerzen hatte? - und wandte sich zum Gehen.

"Nein! Du wirst es nicht wagen zu gehen! Du darfst nicht gehen! Ich bin ein mächtiger Dämon! Meine Rache würde fürchterlich sein! He, verflucht, bleib da!"

Auf dem Rückweg entdeckte Barn sein treues Schwert auf dem staubigen Fußboden und hob es auf. Nachdem er es gesäubert hatte, steckte er es zurück in die Scheide und machte sich daran, die Treppe ins Dunkel hinaufzusteigen. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll brandete hinter ihm auf und ließ die Wände zittern. Wolken von pfeffrigem Staub stiegen auf und bissen in seine Nase. Barn beschleunigte seinen Schritt - er hatte Lust auf ein Bad bekommen.

Der Aufruhr hinter ihm wurde immer gewaltiger. In der Decke über ihm bildeten sich, noch während er die Treppe erstieg, Risse, die staubdurchtanzte Balken von Sonnenlicht einließen. Barn sah sich verwundert um. Irgendwo musste eine üble Schlägerei sein. Der Lärm erinnerte ihn an die Ereignisse im 'Hohl'n Kopf' in Bückeburga. Ho, ein Mordspaß war das gewesen!

Ein großer Steinbrocken fiel ihm vor die Füße, als er den oberen Treppenabsatz erreicht hatte, und der aufgewirbelte Schmutz machte den Barbaren husten. Er blickte kurz auf und sah, wie ihm gegenüber ein Teil des Daches einstürzte. Das hereinschießende Sonnenlicht blendete ihn. Der alte Graubart würde ganz schön sauer sein, wenn er sah, was mit seinem Haus passierte! Barn schob eine vertrocknete Mumie beiseite, die gegen ihn kippen wollte, und trat ins Freie.

 

*

 

Der Kaufmann wartete nervös in sicherer Entfernung vor der einstürzenden Grabkammer. Obwohl er eigentlich vollauf damit beschäftigt war, die ängstlichen Pferde zu halten und zu beruhigen, warf er immer wieder Blicke auf das dunkle Trapez des Eingangs.

Der plötzliche Zerfall des Gebäudes, die gewaltigen, unterirdischen Stöße, die ganze, ungeheure Macht, die dahinter steckte, ließen Girek in der brennenden Sonne frösteln. Manch einen Krieger hatte er in diesem Grabmal auf immer verschwinden sehen, aber stets war draußen alles ruhig geblieben. Was war passiert?

 

Unendlich erleichtert, sogar verwundert, registrierte er dann die staubbedeckte, breitschultrige Gestalt, die aus dem Eingang kroch. Der Barbar wirkte angegriffen, aber nicht besorgt. Hinter ihm fiel mit einem gewaltigen Krachen das Gebäude vollends zusammen. Ein Pilz von Staub stand in der Luft.

Girek winkte nun ungeduldig. Es war ihm sehr daran  gelegen, einige Meilen zwischen sich und die Nekropole zu bringen, bevor die Nacht hereinbrach. Sicher, der Dämon war an dieses Grab gebunden, aber wie sah es aus, wenn das Grab zerstört war?

Der Barbar trottete entnervend langsam auf die schnaubende Rosine zu. Der Kaufmann wagte es nicht, ihm zuzurufen - selbst bei Tag gab es in diesen alten Mauern Wesen, die der Klang einer menschlichen Stimme herbeilocken mochte.

 

Es dauerte eine Weile, bis der Nordmann aufgesessen war, und es entstand beträchtlicher Lärm dabei. Bei jedem Sturz und Fluch zuckte Girek zusammen und blickte sich ängstlich um.

Schließlich hatte Barn es geschafft, und nachdem es dem Kaufmann gelungen war, ihn und sein Pferd in die richtige Richtung zu dirigieren, ritten sie, so schnell es der trümmerübersäte Grund zuließ, nach Osten, dem Lager zu.

 

Im Lager herrschte Aufruhr. Verängstigte Diener erzählten von erschreckenden Himmelsbildern, die sich im Westen gezeigt hätten und von einem Summen im Sand um sie herum.

Girek befahl den sofortigen Aufbruch.

Erst auf dem eiligen Ritt zurück zu der heulenden Schlucht und den dahinterliegenden Bergen wagte der Kaufmann, den Barbaren auf seine Erlebnisse in der Gruft anzusprechen.

"Und, Barbar, habt Ihr es?"

Barn blickte ihn eine Weile überrascht an, dann erinnerte er sich.

"Klar, Mann", meinte er wegwerfend und fummelte in seinem Beutel herum. Seine Finger fassten kaltes Metall, und er zog eine kleine Figur heraus.

Der Kaufmann betrachtete das Stück und stieß ein erleichtertes Lachen aus.

"Ja, mein geschätzter barbarischer Freund. Das ist die Figur, die ich suchte. Euer Lohn wird überwältigend sein! Doch nun legt sie zurück in Euren Beutel - niemand außer Euch darf sie während unseres Heimweges berühren! Es würde zu großem Verdruss für uns alle führen. Und hütet Euch, sie nach Einbruch der Dunkelheit auch nur anzusehen!"

Der Barbar grunzte zufrieden. Dann fiel sein Blick auf die Statuette. Das war ja gar nicht das Mädel! Es war nur ein alter, bärtiger Kerl mit einer Krone und einem Stab.

Fassungslos begann er in seinem Beutel zu wühlen. Dort war noch etwas! Seine Finger ertasteten die gefälligen Linien der Mädel-Figur.

Er warf einen misstrauischen Blick auf den Kaufmann. Der hatte die Verwirrung des Barbaren nicht bemerkt. Auch gut. Wenn der Alte sich mit diesem dummen König zufriedengab, würde er das Mädel selbst behalten!

Die weitere Zeit bis Sonnenuntergang verbrachte Barn mit der anstrengenden und fruchtlosen Grübelei darüber, wie - bei Gruunz - zwei Figuren in seinen Beutel gelangt waren.

 

Blutfarbenes Dämmerlicht übergoss den Himmel, als die Reiter die hoch aufragenden Klippen erreichten, die den Eingang zur heulenden Schlucht bildeten, und zwischen den Felswänden war es bereits Nacht. Dennoch ließ der Kaufmann nicht halten. In Finsternis passierten sie das unheimliche Tal, und mehr als einer klagte darüber, etwas Klammes habe ihn in der Dunkelheit berührt.

Sonst ereignete sich jedoch nichts.

Irgendwann in der Nacht - die Schlucht lag schon weit hinter ihnen - ließ Girek anhalten und hastig das Lager aufschlagen. Selbst Barn war so müde, dass es ihm nicht einfiel, ein Bad zu verlangen.

 

Lange vor Sonnenaufgang trieb der Kaufmann seine Reiter wieder weiter in Richtung der Berge. Girek war nervös und unbeherrscht. Die Klage einer Magd über Kopfschmerzen und schlechte Träume hatte ihn sogar so wütend gemacht, dass er sie mit einem schweren Stock aus dem Zelt geprügelt hatte.

 

Die gnadenlose Sonne und der Mangel an Schlaf kostete viel Kraft, doch alle mussten bis weit in die Nacht hinein reiten, ehe sie ein Lager aufschlagen durften. Und selbst dann konnten die meisten nicht schlafen, denn aus dem Zelt des Kaufmannes drangen heiseres Gestammel und grelles Licht.

 

Am nächsten Morgen litten alle bis auf den Barbaren unter Kopfschmerzen. Das Mädel hatte sich die ganze Nacht lang fest an Barn geklammert und immer wieder geklagt, etwas nage in ihrem Kopf. Beide hatten nicht viel Schlaf gefunden.

Ängstliche Stimmen wurden unter der Dienerschaft laut, als man das Gepäck vor den Zelten in Unordnung und von einem abstoßenden Geruch durchtränkt fand.

Aber das am stärksten Beunruhigende an diesem Morgen war die Veränderung, die über Nacht im Gesicht des Kaufmanns stattgefunden hatte: Tiefe Falten hatten sich eingegraben, wo am Vorabend keine gewesen waren, und seine Haut zeigte die fahle Farbe eines alten Leichnams. Mit flacher, heiserer Stimme, die in einem erschreckenden Gegensatz zu dem üblichen Bass stand, trieb er alle zu noch größerer Eile an. Er wirkte, als sei er von Dämonen gehetzt.

 

In drei weiteren Gewaltritten erreichten sie das Gebirge, und als es dunkel wurde, begannen die Schrecken.

Während der ganzen Nacht ließ der Kaufmann ein gewaltiges Feuer brennen, das von den Stangen und Stoffbahnen der Zelte genährt wurden. Alle mussten im Freien unter dem fiebrig blinzelnden Sternenhimmel schlafen. In der Mitte der Nacht wurden die Pferde unruhig, und manch einer meinte ein Tappen und Kratzen um das Lager herumgehen zu hören, gerade außerhalb des Lichtkreises des Feuers. Kurz vor Morgengrauen kam eine junge Magd nackt und kreischend aus dem Dunkel gerannt und konnte nur mit Mühe davon abgehalten werden, sich ins Feuer zu stürzen. Soweit es sich aus ihren wilden Schreien rekonstruieren ließ, war sie hinausgegangen, um ein Geschäft zu erledigen, und hatte dabei etwas gesehen, das sie nicht beschreiben konnte oder wollte.

 

Das bleiche Morgenlicht beleuchtete graue und angstverzerrte Gesichter. Selbst den kräftigen Nordmann hatte die Lebensfreude verlassen.

In der zweiten Nacht im Gebirge ging das Brennmaterial für das Feuer aus. Girek ließ sofort alle wecken - nicht viele hatten geschlafen, denn die meisten fürchteten sich vor den Träumen - und die Karawane ritt in Dunkelheit durch die engen Schluchten der Ostberge. Erst als sie gegen Mittag die westlichen Vorberge erreicht hatte, erlaubte der Kaufmann die dringend nötige Rast.

 

In der Abenddämmerung zogen sie weiter und erreichten das weite Grasland und den alten Karawanenweg. Girek hatte aus den restlichen Gepäckstücken, überflüssiger Kleidung und Speeren Fackeln herstellen und an alle Reiter verteilen lassen. Als die letzten Strahlen der sinkenden Sonne die Berge hinter ihnen röteten, gab er den Befehl, sie zu entzünden.

Wie ein Leichenzug ritt die Karawane im Fackelschein durch die Nacht. Wann immer eine Fackel auszugehen drohte, wurde sie durch eine neue ersetzt. Bei diesen Aktionen verbrannte sich der Barbar regelmäßig die Finger. Obwohl er von allen noch am wenigsten erschöpft war, hatte er die schlechteste Laune.

Kein Mond schien am Himmel, nur die kalten Sterne webten geheimnisvolle Muster über der dunklen Ebene.

 

In der dunkelsten Stunde der Nacht begann der Krieger, der am Ende des Zuges ritt, unvermittelt zu schreien. Er habe gerade seine Fackel gewechselt, und da habe ihn etwas berührt, erklärte er mit überschlagender Stimme. Rücksichtslos bahnte er sich einen Weg in die Mitte der Karawane, und auch die wilden Flüche und Drohungen des Kaufmanns konnten ihn nicht dazu bewegen, den zentralen Lichtkreis zu verlassen und an seinen Platz zurückzukehren.

Mit bösem Glanz in den Augen, buckelnd und zitternd erzählte er von einem Flattern und Kichern in der Dunkelheit über ihm - und von dem nasskalten Ding, das sich in seinen Nacken gesetzt habe.

 

Dann hörten es alle: Rauschen in der Luft wie von großen Schwingen.

Eisige Windstöße fuhren auf die Karawane herunter und drohten, die Fackeln zum Erlöschen zu bringen. Die Pferde schnaubten und rollten mit den Augen, und die Reiter mussten all ihre Geschicklichkeit aufbringen, damit sie nicht abgeworfen oder in die Finsternis hinausgetragen wurden.

Der Kaufmann rief nach dem Barbaren.

"Verdammt noch mal, wenn ich rufe, hast du schnell zu kommen, Barbar! Der Dämon, der das Grab bewacht hat, in  das du eindringen musstest, ist uns gefolgt. Du bist leider der Einzige, der etwas gegen ihn auszurichten vermag... wenn du siehst, dass sich ein großes, schwarzes Ding - ich weiß nicht genau, wie es aussehen wird, schwarz wird es sein - über mir bildet, dann nimm die Figur, die du aus dem Grab geholt hast und wirf sie mit aller Kraft hinein, kapiert? Du wirst ab sofort immer an meiner Seite bleiben, ist das klar?"

Barn nickte ergeben. Er war sehr müde, und die Aufregung der letzten Stunden hatte seine Aufnahmebereitschaft nicht gerade gehoben. Auch verunsicherten ihn die plötzlichen, rüden Worte des alten Graubarts. Aber er würde an der Seite des Kaufmanns bleiben, soviel war sicher - schon längst hatte er den nach dem fälligen Bad fragen wollen.

 

Das Geräusch träger, ledriger Flügel über den Reitern wurde ständig lauter, und ein Geräusch wie ein fernes höhnisches Gelächter schien von den Sternen herab zu sickern.

Dann ließ eine Serie von wilden Schreien die Pferde scheuen. Der wildäugige Wächter, der eine Zeitlang leise vor sich hin brabbelnd geritten war, hatte plötzlich sein Schwert gezogen und hieb wild um sich. Zwei seiner Kameraden versuchten ihn zurückzudrängen. Dunkles Blut spritzte im Licht der Fackeln. Ein Diener sank tot vom Sattel. Dann gab der Wächter seinem Pferd einen Schlag und verschwand irrsinnig kreischend in der Nacht.

Er blieb nicht der einzige, der unter dem Geräusch der Schwingen den Verstand verlor.

Wenig später riss eine der Küchenmägde ihr Wams auf und trieb sich schweigend einen Dolch zwischen ihren Brüsten ins Herz. Mit weit aufgerissenen Augen und noch immer lautlos fiel sie vom Pferd. Ihr blutiger Körper ließ ein anderes Pferd scheuen, das sich hoch aufbäumte und seinen Reiter abwarf. Zwei nachfolgende Tiere trampelten über ihn. Er erhob sich nicht wieder. Die Ordnung der Karawane zerfiel. Das blonde Mädel brachte sein Pferd in seiner Angst so nahe an das des Barbaren, dass beide zu straucheln drohten.

 

Barn blickte verwirrt neben sich und versuchte, zu überlegen, was für Vorteile aus der Situation zu gewinnen wären.

Vielleicht würde das Mädel einverstanden sein, die allgemeine Unaufmerksamkeit zu nutzen und einiges Vergnügen daraus zu ziehen. Nun, bei Gruunz, den Versuch war es wert! Er legte einen muskelschweren Arm um die schmale Taille, erntete einen Schmerzensschrei und wechselte seine Fackel in die andere Hand.

Dem Pferd des Mädels wurde es in diesem Moment zu viel, es bäumte sich auf, streifte seine Reiterin ab und verschwand schnaubend in der Finsternis.

Mit geübtem Griff zog der Barbar das Mädel zu sich auf den Sattel. Stoff riss. Der Barbar hielt die Reste einer wollenen Bluse in der Hand. Das Mädel war allerdings viel zu verängstigt, um irgendeinen Laut von sich zu geben. Zitternd drückte es sich an die breite Brust des Nordmannes. Rosine rollte die Augen.

 Girek begann mit verwüsteter Stimme Befehle zu brüllen. Barn wich ein wenig von seiner Seite - der Graubart war ihm zu laut.

"Bleibt zusammen! Bald geht die Sonne auf, dann ist es vorbei! Zusammenbleiben! Wer ausbricht, stirbt sofort! Wer bei mir bleibt, soll fürstlich belohnt werden!"

Mit angstverzerrten Gesichtern schlossen die Reiter - Männer wie Frauen - um den Kaufmann herum auf. Der einst geordnete Zug war jetzt nur noch ein Haufen, ein panischer Wirbel von Hufen, fiebrigen Augen und flackernden Fackeln. Und über allem hing das träge Flappen, eine unnennbare Furcht, ein Schatten, der die Sterne erstickte.

 

Eine lange Zeit ritten sie so, atemlos, die Gesichter starr und leer. Plötzlich fuhr ein klagender Windstoß zwischen sie, der die Kälte des Raums jenseits der Sterne mit sich zu führen schien, und alle Fackeln erloschen. Eine fühlbare Finsternis senkte sich auf die verängstigten Menschen herab. Alles erstarrte mitten in der Bewegung.

Zwei unfassbar große, blutrote Augen öffneten sich im schwarzen Himmel.

"Nun, ihr Menschlein, endlich begegnen wir uns! Euer vorwitziges Tun hat mir einiges Ungemach bereitet. Andererseits war es natürlich auch recht spaßig, endlich die langweilige Gruft verlassen zu können und eure Spur zu verfolgen. Und die Methode, mit der es eurem Anführer gelungen ist, sich den Silbernen König zu verschaffen, verdiente eigentlich Hochachtung. Allerdings werdet ihr feststellen, dass wir Dämonen recht kleinliche und nachtragende Wesen sind, was die unerlaubte Entfernung von uns anvertrauten Gegenständen betrifft..."

Schwärzliche Wirbel wuchsen krallengleich aus der Finsternis und schwollen bedrohlich über den Häuptern der Reiter. Ein hohes Kreischen erfüllte die Luft, und alle hielten sich die Köpfe vor Schmerzen. Nur der Barbar blieb unbehelligt. Barn spürte eine wütende Hand an seinem rechten Ärmel: "Jetzt, du Idiot! Wirf die Figur - genau zwischen diese Augen!"

Gireks zu einer unmenschlichen Grimasse verzogenes Gesicht schob sich in das Blickfeld des etwas verwirrten Barbaren. Barn grunzte mürrisch und fummelte nach seinem Beutel. Er hatte schon verstanden - schließlich war er ja nicht taub. Zunächst geriet ihm die Mädel-Statue zwischen die Finger - er fühlte das an den ausgeprägten Wölbungen hier und dort - aber das war ja nicht die richtige: der Kaufmann wollte ja den langweiligen König haben!

Er zog ihn heraus - die Figur war warm, fast heiß - und warf sie dem muffigen Graubart zu. Das heißt, er wollte sie ihm zuwerfen, aber in seiner Ermüdung unterschätzte er den barbarischen Schwung seines rechten Armes: die Figur flog weit, viel zu weit, mitten zwischen die beiden roten Augen der Finsternis.

 

Die Ebene erzitterte, der Himmel schien aufzubrechen. Ein greller Blitz, heller als tausend Sonnen, blendete die Reiter. Dann folgte Schwärze, bittere, eisige Schwärze.

 Der Barbar verlor das Bewusstsein wie alle anderen um ihn.

 

Mit einem  Schädel, schwer und schmerzend wie vom Schwert eines Scharfrichters, erwachte Barn der Barbar auf einer weiten, hellen Ebene, deren sattes, feuchtes Gras sich in allen Richtungen bis zum Horizont erstreckte.

Er lag dort inmitten der stummen Gesellschaft bewusstloser Menschen und gestürzter Pferde, deren malerische Posen an ein längst vergessenes Schlachtfeld denken ließen.

Freilich machte er sich nicht viel daraus. Seine Kehle war ausgetrocknet, und in seinem Kopf hämmerte ein anscheinend wahnsinniger Schmied ein ganzes Tagewerk innerhalb eines Herzschlags herunter.

Eine trübe, rote Sonne stieg vor ihm auf, und ihre Strahlen bissen sich tief in seine Augen. Er fluchte. Er brauchte einen Schluck Wein.

 

Des Barbaren erfolglose Suche nach einem nicht zerbrochenen Weinkrug in dem verstreut herumliegenden Gepäck - und seine deftigen Kommentare zu dieser Tatsache - riss die anderen Reisenden der gescheiterten Karawane rasch aus ihrer Bewusstlosigkeit.

Alle fühlten sich, als seien sie aus einem langen, dunklen Alptraum endlich erwacht, und mancher weinte ein wenig.

Barn selbst fühlte nichts als die Trockenheit seiner Seele.

 

Wie es sich herausstellte, hatte niemand Schaden genommen, und auch die Pferde ließen sich unter Verwendung beruhigender Gesänge wieder besteigen.

Das blonde Mädel hing, nackt bis auf einen knappen Schurz, apathisch vor Barn im Sattel der treuen Rosine und ließ sich durch keine der ungeschickten Avancen des Barbaren zu irgendeiner Art von vergnüglichem Tun bewegen.

Auch der Rest der Karawane hielt ein bedrücktes Schweigen.

 

Der Abend dämmerte, als die abgerissene Gesellschaft in den Toren der ‘Stadt Der Vierzig Verfeindeten Fürsten' ihren wenig triumphalen Einzug hielt.

Die Torwachen lachten und brüllten den weiblichen Reitern eindeutige Angebote zu, bis ein eisiger Blick des Kaufmanns sie zum Schweigen brachte. Girek hatte wie alle anderen auf dem Ritt kein Wort gesprochen, aber seine Lippen hatte er blutig gearbeitet.

 

Im Haus des Kaufmanns wurden in aller Stille die Pferde weggeführt, und die Diener und Krieger verschwanden wie geprügelte Hunde in den Türen des Dienstbotenflügels. Zuletzt standen Girek, Barn und sein Mädel allein im weiten Hof des Anwesens. Der freundliche Himmel einer warmen südlichen Nacht spannte sich über ihnen, und in den Büschen vor dem Hauptgebäude zirpten die Zikaden ihr wie immer originelles Lied.

Der Barbar fühlte ein dringendes Bedürfnis nach einem  sehr ausgedehnten und intensiven Bad und wollte den Kaufmann gerade deswegen ansprechen, als dieser sich ihm mit einem sehr mürrischen Gesichtsausdruck zuwandte.

"Was sucht ihr beide noch hier, ihr Lumpenpack? Schert euch hinfort, bevor ich die Streife rufen lasse!"

Das Mädel, das müde und fröstelnd etwas abseits gestanden hatte, trat bei diesen Worten hastig vor: "Aber... Herr Girek, Ihr hattet uns eine Belohnung versprochen, und mein Barn hier hat Ihnen doch auch das Richtige gebracht, oder?"

Der Kaufmann lachte bitter und bösartig und wandte sich ab.

"Ja, meine Schöne, und wo ist es nun? Nein, ich belohne nur den Erfolg! Und nun verschwinde, bevor ich dich meinen Wachen als Spielzeug überlasse - und nimm deinen idiotischen Besteiger mit",

Das Mädel stand fassungslos da.

"Aber..."

"Seid ihr noch nicht fort? Geht, bevor ich die Geduld verliere!"

Der Kaufmann drehte sich nicht mehr um, als er jetzt auf das große Portal seiner Villa zuschritt.

Schluchzend nahm das Mädel die große Hand des Barbaren, und langsam gingen beide auf das Tor zur Straße zu. Barn hatte nicht alles verstanden, was gesagt worden war, doch ihm schien, dass es in diesem Haus heute kein Bad mehr für ihn geben würde. Er murrte, denn er war müde, und außerdem sehnte er sich mittlerweile nach sehr viel Wein.

Da fiel ihm etwas ein. Er holte die silberne Figur aus seinem Beutel und zeigte sie dem Mädel.

"He, wieviel Wein, meinst du, werd‘ ich dafür kriegen, hm?" fragte er sein Mädel, denn es war mit Münzen, Zahlen und solchen Dingen viel erfahrener als er.

Das Mädel blickte überrascht auf die kleine Statue.

"Woher hast du das denn?", wollte es wissen.

"Hm, da, wo das andre Ding her war, da, hm waren noch andre so Dinger, glaub ich, und hm, das Mädel hier, hm, gefiel mir am besten..."

"Du meinst, diese Figur ist genauso wie die, die du gestern Nacht auf den Dämon geworfen hast?" fragte das Mädel hastig. Seine verweinten Augen leuchteten jäh auf.

Barn wusste nicht genau, was es mit 'Dämon' und 'geworfen' meinte, aber er hatte früh gelernt, dass mit einem kurzen Nicken anstrengende Fragen vermieden wurden und vieles leichter ging. Also nickte er.

Das Mädel riss ihm die Figur aus der Hand und zerrte den Barbaren, bevor der auch nur "Ho!" sagen konnte, zurück zu dem großen Haus, in dessen Eingang Girek soeben verschwunden war.

Sie erreichten die Haustür, eine wenig spektakuläre Holzarbeit, und passierten sie ungehindert.

 

Hinter ihnen im Hof bildete sich in einem dunklen Winkel neben einem Dornbusch eine wirbelnde Wolke, die schwärzer war als jede irdische Nacht. Zwei rote Augen glühten in ihrer Mitte.

 

Das Mädel und der Barbar eilten eine breite, elegante Treppe aus weißem Marmor hinauf in einen weiten Saal voll eingetopfter Palmen. Der Nordmann registrierte allerdings einzig die schwingende Bewegung, in die der rasche Lauf die entblößen Brüste seines Mädels versetzt hatte.

Am Ende einer Allee aus Topfpalmen und flackernder Duftfackeln kauerte Girek der Kaufmann dunkel und bucklig auf einem riesigen Divan. Eine nackte schwarzhäutige Dienerin stellte gerade einen großen tönernen Krug neben ihn. Er blickte auf, und sein Gesicht verzerrte sich im Zorn, als er das Mädel und den Barbaren erkannte.

Doch bevor aus seinem bereits geöffneten Mund Laute dringen konnten, kniete das Mädel vor ihm und begann eine hastige Rede:

"Herr Girek, Herr Girek! Mein Barn hat noch eine weitere Figur mitgenommen! Sicher werdet Ihr nun mit uns zufrieden sein! Hier, seht!"

Mit eleganter Geste präsentierte das Mädel dem Kaufmann die silberblitzende Figur der nackten Frau.

Der jedoch starrte nur mit einem Ausdruck größten Entsetzens auf die kleine Statue, das Rund seines Mundes schien nun jenseits jeder anatomischen Möglichkeit geweitet, und noch immer wollte sich von dort kein Wort lösen.

Das Mädel interpretierte dies als Zeichen äußerster Begeisterung und drückte dem erstarrten Girek die Figur einfach in die Hand.

Es wollte gerade zu einer neuen Rede ansetzen, da fuhr ein eisiger Windzug von der Tür her durch den Saal und brachte alle Fackeln zum Erlöschen. Plötzlich war es dunkel - bis auf ein krankes grünes Licht, das zwischen den Ritzen der Bodenplatten hinaufzukriechen schien. Eine tiefe, hallende Stimme brauste in den Raum:

"Ahhh, Kaufmann, so sieht man sich wieder! Nun, wie du dir denken kannst, bin ich wiedergekommen, um auch den anderen Teil des geraubten Schatzes zu holen! Und dann wird es mir ein Vergnügen sein, dir eine Strafe zuteilwerden zu lassen, die selbst in Anbetracht der Schwere deiner Vergehen eine ungerecht grauenvolle Strafe genannt werden darf, denn ich sehe, dass du gänzlich wehrlos bist, und das macht mir am meisten Spaß!"

Eine formlose, schwarze Masse schob sich durch die Tür in den Saal und auf den reglosen Kaufmann zu. Das Mädel wurde von einem Ausläufer dieser massiven Wolke gestreift und sank wimmernd zu Boden.

Schwarze, knorrige Klauen wuchsen aus den Wirbeln und griffen nach dem alten Mann, der bebend und sabbersprühend so weit zurückwich, wie der Divan es zuließ. Als die Lehne schließlich unnachgiebig im Rücken des Kaufmanns stand, fand dieser seine Stimme wieder:

"Nein, oh mächtiger Dämon, nein!!! Nicht ich, diese beiden da... sie haben es gestohlen... ich wollte es Euch gerade zurückgeben... ganz sicher... Nein, oh nein, bitte  nicht... aaarrrghhh..."

Der Kaufmann verstummte, als die Klauen ihm wie Dolche tief in die Brust drangen. In einem blutigen Strom platzen seine Augen aus den Höhlen und fielen zu Boden.

Dann schob sich die schwarze Masse gänzlich über ihn.

 

Nach kurzer Zeit war alles vorbei, die formlose Wolke war verschwunden, und mit ihr der Kaufmann. Nur eine dunkle, stinkende Pfütze auf dem Divan deutete darauf hin, dass Girek Heckefund vom Kahlen Berg, Kaufmann und Magier, einmal existiert hatte. Das grüne Licht versickerte in den Fugen der Bodenplatten, und die Fackeln erwachten wieder.

 

Barn blickte mit gelindem Erstaunen auf die Szene - er konnte sich nicht recht erklären, was da geschehen war. Er sah nur eins, und das erkannte er schnell: sein Mädel wand sich stöhnend auf dem Boden. Der Anblick brachte den Barbaren auf gewisse Gedanken.

Er hob die nackte Gestalt behutsam vom Boden und legte sie, den Fleck nicht achtend, auf den Divan. Mit einer schimmernden Seidendecke deckte er sie zu. Nach einer kurzen Weile der Vorbereitung und einem tiefen Schluck aus dem beistehenden Krug war dann auch er bereit, legte sich neben sie und schloss gähnend die Augen.

Immerhin, das Leben hatte auch noch seine angenehmen Seiten!